Panorama

US-Luftwaffe verliert Hyperschalljet X-51A stürzt in den Pazifik

Unter dem linken Flügel eines B-52 "Stratobomber":

Unter dem linken Flügel eines B-52 "Stratobomber":

(Foto: dpa)

Der mit Spannung erwartete Testflug eines neuartigen Superjets dauert nur wenige Sekunden: Das Haupttriebwerk, das die Maschine nach dem Abkoppeln eigentlich auf sechsfache Schallgeschwindigkeit beschleunigen sollte, zündet nicht. Der "Wellenreiter" geht über dem Pazifik verloren.

Eine Maschine, die ihre eigene Bugwelle frisst: So sollte er fliegen, der überschallschnelle Supertestjet.

Eine Maschine, die ihre eigene Bugwelle frisst: So sollte er fliegen, der überschallschnelle Supertestjet.

(Foto: Reuters)

Vor der Westküste der Vereinigten Staaten ist ein militärisches Großexperiment mit einem superschnellen Fluggerät gescheitert. Der Flug des unbemannten Experimental-Geschosses X-51A "Waverider" dauerte nur gut 30 Sekunden. Wie die US-Luftwaffe mitteilte, habe sich die Testeinrichtung zwar planmäßig über dem Pazifik von einem B-52-Bomber abgekoppelt. Kurz darauf sei jedoch ein Problem aufgetreten. Die mehrere Millionen Dollar teure Maschine ging verloren.

Nach dem Absturz aus großer Höhe und dem ungebremsten Aufprall auf die Wasseroberfläche hegt die US-Luftwaffe offenbar keinerlei Hoffnungen, verwertbare Einzelteile des zukunftsweisenden Fliegers bergen zu können. Damit ist der Test komplett gescheitert.

Überschallschnelle Enttäuschung

Begonnen hatte das Unternehmen "Waverider" mit einem minutiös vorbereiteten Zeitplan: Ein achtstrahlige "Stratobomber" stieg Stunden zuvor vom Luftwaffenstützpunkt Edwards in Kalifornien auf, um den X-51A an einer der Waffenaufhängungen unter dem Flügel ins Testgebiet zu tragen.

Der Experimentalflieger, den die US Air Force gemeinsam mit der Flugzeughersteller Boeing entwickelt hatte, sollte nach der Trennung von der Trägermaschine in einer mehrstufigen Phase mittels eines neu entwickelten Triebwerks stark beschleunigen und schließlich in der Spitze eine Geschwindigkeit von mehr als 7000 Kilometern pro Stunde erreichen.

Mehr Rakete als Flugzeug: Wer Mach 6 erreichen will, kann sich keinen Buckel leisten.

Mehr Rakete als Flugzeug: Wer Mach 6 erreichen will, kann sich keinen Buckel leisten.

(Foto: dpa)

Mit einem solchen Tempo wäre die klassische Transatlantikstrecke von London nach New York in weniger als 60 Minuten zu bewältigen. Eine technische Besonderheit verführte die Ingenieure dabei zu der ungewöhnlichen lässig wirkenden Bezeichnung "Waverider": Der unbemannte Experimentaljet trägt den Namen "Wellenreiter", da er die Druckwelle nutzt, die er durch seine hohe Geschwindigkeit erzeugt, um dadurch noch mehr zu beschleunigen. Vereinfacht gesagt, "reitet" der Jet auf seiner eigenen Schockwelle.

Ritt auf der Schockwelle

Die sogenannte "Scramjet"-Technik arbeitet nach dem seit langer Zeit bekannten Prinzip des Staustrahl-Triebwerkes: Starterraketen sollten die Testmaschine nach dem Abwurf so weit beschleunigen, dass sich die Luft im Ansaugschacht des "Scramjet"-Triebwerks extrem stark verdichtet. Tief im Inneren des stromlinienförmigen Fluggeräts wird die verdichte Luftstrom mit eingepresstem Treibstoff angereichert und durchgezündet, was den Flugkörper dann in der nächsten Beschleunigungsphase auf seine Endgeschwindigkeit bringen sollte.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Turbinen kommen Scramjet-Antriebe ohne Radschaufeln aus, deren Luftwiderstand und Masse der maximal erreichbaren Geschwindigkeit physikalische Grenzen setzt. Wenn alles funktioniert, handelt es sich bei Scramjets um einen sich selbst beschleunigenden, vergleichsweise verschleißarmen Düsenantrieb.

Mach 6 im Auftrag des Pentagon

Insgesamt sollte das Fluggerät im Rahmen dieses Tests eine futuristisch anmutende Geschwindigkeit von Mach 6 für 300 Sekunden halten - also volle fünf Minuten Fahrt bei etwa 7300 Stundenkilometern. In einer Mitteilung der Luftwaffe hieß es, dass sich der Jet über dem Wasser sicher vom Trägerbomber gelöst habe und auch der Raketenantrieb planmäßig gezündet worden sei. Nach 16 Sekunden sei jedoch ein Problem mit einem der Kontrollruder aufgetreten. Als sich der "Wellenreiter" etwa 15 Sekunden später vom Raketenantrieb getrennt habe, sei er außer Kontrolle geraten.

Die X-51 wird von Boeing und der Darpa (Defense Advanced Research Projects Agency) vorangetrieben, der Forschungsabteilung des US-Militärs. Die Maschine ist von großem strategischem Interesse und könnte schlimmstenfalls einen neuen Rüstungswettlauf auslösen. Serienreife Scramjets würden blitzschnelle Militärschläge aus der Luft möglich machen.

Nahezu jeder Fleck der Erde wäre binnen weniger Stunden von Stützpunkten in den USA aus erreichbar - wenn es den Entwicklern gelingen sollte, die technischen Probleme zu lösen. Eine Beförderung von Passagieren ist beim derzeitigen Stand der Technik allerdings nicht viel mehr als ferne Zukunftsmusik. Für den militärischen Einsatz braucht es keine Piloten an Bord. Schon jetzt setzen US-Militärs für gezielte Aktionen in Konfliktgebieten Drohnen verschiedener Größen ein. 

Bisher ist allerdings noch kein Testflug des acht Meter langen X-51A nach Plan verlaufen. Der erste im Mai 2010 endete früher als geplant nach etwa drei Minuten. Von einst vier Prototypen des X-51A steht dem Pentagon nunmehr nur noch ein Exemplar zur Verfügung.

Tests mit derartigen Hyperschall-Geräten sind nicht völlig neu: Ein älteres Modell "X-43" erreichte mit diesem "Scramjet"-Prinzip (supersonic-combustion ramjet) 2004 bereits eine Geschwindigkeit von rund Mach 10 - etwa 11.000 Kilometer pro Stunde.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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