"Düsterer Tag" in Afghanistan 200. britischer Soldat stirbt
16.08.2009, 09:39 Uhr
Britische Soldaten bei einem Einsatz in Afghanistan.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die britische Armee hat im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban in Afghanistan ihren 200. Soldaten verloren. Der Mann erlag seinen Verletzungen, die er bei der Explosion einer Bombe erlitten hatte, die am Donnerstag in der Unruheprovinz Helmand neben seinem Fahrzeug explodiert war.
Premierminister Gordon Brown sprach von einer "tief traurigen Nachricht". Der einzige Weg, um Großbritannien sicherer zu machen, sei es, Afghanistan zu stabilisieren, bekräftige der Regierungschef.

Gordon Brown setzt auf Durchhalte-Parolen.
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Verteidigungsminister Bob Ainsworth sprach von einem "düsteren Tag". Er wies zugleich darauf hin, dass es in Afghanistan Fortschritte gegeben habe. Man müsse sich weiter auf die Mission konzentrieren und sehen, was auf dem Spiel stehe.
Im gefährlichen Süden
Der britische Einsatz in Afghanistan hatte im Oktober 2001 begonnen. Im Juli hatte Großbritannien mit 22 Todesopfern die schlimmsten Verluste innerhalb eines Monats hinnehmen müssen. Damals hatten die Verluste am Hindukusch auch die Zahl der toten britischen Soldaten aus dem sechs Jahre langen Irak-Einsatz überschritten, bei dem 179 Soldaten starben. Die rund 9000 britischen Soldaten sind im gefährlichen Süden Afghanistans stationiert und hatten sich damals auch an der Offensive "Pantherkralle" beteiligt, die viele Opfer gefordert hatte.

Die anstehende Wahl macht die Sicherheitslage noch schwieriger.
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Zwar war der Einsatz in Afghanistan nie so umstritten wie der Einmarsch im Irak, nach dem blutigen Juli wünschte sich die Mehrheit der Briten aber einen Abzug aus dem Land. Ende des Monats hatte eine Umfrage gezeigt, dass 52 Prozent für einen sofortigen Abzug der Soldaten sind. 58 Prozent glaubten zudem, dass die Taliban mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen sind.
Zudem hatte sich auch eine Debatte über die Ausrüstung der Truppen entzündet, die sich vor allem darum drehte, ob genug Helikopter für den Einsatz vorhanden sind. Die Regierung in London betonte stets, dass es keine Defizite bei der Ausrüstung gebe und sie am Engagement in Afghanistan festhalten werde.
"Illusion geplatzt"

Die Hilfsorganisationen beklagen eine zunehmende Destabilisierung des Landes - mit schlimmen Folgen für die Bevölkerung.
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Die Deutsche Welthungerhilfe hat unterdessen schwere Vorwürfe gegen die Afghanistan-Politik der Bundesregierung erhoben. Generalsekretär Wolfgang Jamann schrieb in einem Gastbeitrag für eine Zeitung: "Die Bundesregierung tat lange so, als wären in Afghanistan die deutschen Soldaten als Entwicklungshelfer im Einsatz. Damit hat sie der Öffentlichkeit Sand in die Augen gestreut. Nun ist die Illusion geplatzt. Die Bundeswehr kämpft in Afghanistan an unübersichtlichen Fronten."
Die sogenannte "zivil-militärische Zusammenarbeit" sei ein Sündenfall. "Die Aufbauprojekte der Bundeswehr sind vom Umfang her zu vernachlässigen, aber die Vermischung von Militär und Wiederaufbau hat erheblichen Schaden angerichtet: Die Entwicklungshilfe durch die Wiederaufbauteams in den Provinzen wurde als Instrument für politische und militärische Interessen missbraucht und ist sogar Teil der Militärstrategie geworden. Deshalb wird sie nicht mehr als unparteilich wahrgenommen", schreibt Jamann.
Strikte Trennung
Oppositionelle Kämpfer griffen auch Entwicklungshelfer an, obwohl diese politisch neutral und nur dem Gebot der humanitären Hilfe verpflichtet seien. Die Deutsche Welthungerhilfe arbeite seit Anfang der 80er Jahre ohne Unterbrechung in dem Land am Hindukusch, "aber nie war die Sicherheitslage für Entwicklungshelfer so explosiv wie jetzt", erklärte Jamann.
Als Konsequenz verlangt er eine strikte Trennung von Militäraktionen und Entwicklungshilfe: "Wir fordern, die Aufgaben klar zu trennen: Entwicklungshelfer helfen, die Bundeswehr kümmert sich um die Sicherheit, damit die Afghanen in Frieden leben können."
Quelle: ntv.de, jmü/rts/dpa