Größte Regierung aller Zeiten Abbas fordert Druck auf Israel
01.04.2009, 14:05 UhrIsraels neuer Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Regierungsgeschäfte übernommen. An der Amtseinführung in der Präsidentenresidenz nahmen auch der scheidende Regierungschef Ehud Olmert sowie Oppositionsführerin Tzipi Livni teil. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas rief die internationale Gemeinschaft auf, die Regierung beim Friedensprozess im Nahen Osten in die Pflicht zu nehmen.
"Wir werden uns so schnell wie möglich an die Arbeit machen", versprach Netanjahu während der feierlichen Zeremonie in Jerusalem, bei der auch der neue Parlamentspräsident Reuven Rivlin vertreten war. Staatspräsident Schimon Peres sagte, die scheidende Regierung habe das auch von der US-Regierung und der Mehrheit der internationalen Gemeinschaft verfochtene Prinzip eines eigenständigen Palästinenserstaats an der Seite Israels akzeptiert. Die neue Regierung müsse sich "dieser Realität anpassen". Olmert forderte die neue Regierung auf, weiter auf eine friedliche Lösung des Nahost-Konfliktes hinzuarbeiten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies nach Angaben ihres Sprechers Thomas Steg darauf hin, dass es aus Sicht der Bundesregierung zur Zwei-Staaten-Lösung "keine vernünftige Alternative" gebe.
Ernüchterung bei den Palästinensern
Abbas, der seit Ende 2007 mehr als 20 Mal mit Olmert zusammentraf, gab sich eigenen Angaben zufolge keinen Illusionen für die künftigen Möglichkeiten einer Friedenslösung hin. Netanjahu glaube nicht an den Frieden, sagte Abbas der amtlichen palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA. Der neue israelische Regierungschef lehne eine Zwei-Staaten-Lösung und bereits unterzeichnete Abkommen ab. Außerdem wolle er den Siedlungsbau nicht stoppen. Die ganze Welt müsse nun Druck ausüben und ihrer Verantwortung gerecht werden.
In Gaza erklärte die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas, es gebe "keinen Unterschied zwischen den verschiedenen zionistischen Regierungen". Die jetzige Regierung sei allerdings "in ihrem rassistischen Programm und ihrer Weigerung, die Rechte des palästinensischen Volkes anzuerkennen, am deutlichsten".
Größte Regierung aller Zeiten
Rund zwei Monate nach der Parlamentswahl hatte die Knesset am Dienstagabend Netanjahus Koalition bestätigt. Mit 30 Ministern ist sie die größte Regierung in der israelischen Geschichte. Ihr gehört unter anderem der umstrittene Außenminister Avigdor Lieberman von der Rechtsaußenpartei Unser Haus Israel sowie der Vorsitzende der streng religiösen Schas, Eli Jischai, als Innenminister an.
Netanjahus rechtsgerichtete Likud-Partei unterzeichnete am Mittwoch eine Koalitionsvereinbarung mit der ultra-orthodoxen Partei Vereinigtes Tora-Judentum, die zwei Vizeminister-Posten (Gesundheit und Bildung) und den Vorsitz des Parlamentsausschusses für Finanzen erhält. Damit verfügt Netanjahu jetzt über eine Mehrheit von 74 der 120 Sitze. Weitere Koalitionspartner sind die ultrarechte Siedlerpartei Jüdisches Heim und die Arbeitspartei von Ehud Barak, der Verteidigungsminister bleibt.
Die Rechtslastigkeit der Koalition hatte international Sorgen um den Fortgang des Friedensprozesses mit den Palästinensern hervorgerufen. Netanjahu hatte sich vor der Abstimmung über sein Kabinett grundsätzlich zu Friedensverhandlungen mit der Palästinensischen Autonomiebehörde bereit erklärt. Einen Palästinenserstaat erwähnte er mit keinem Wort. Auch im Regierungsprogramm ist davon nicht die Rede.
Quelle: ntv.de