Politik

Ob Bush oder Obama Afghanistan-Linie bleibt

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einer dauerhaften Verlegung von Bundeswehr-Soldaten in den Süden Afghanistans trotz neuer Kritik aus den USA erneut eine Absage erteilt. Zugleich ließ sie im "Spiegel" eine Veränderung des Mandats für den Einsatz im Herbst offen. Sie habe nicht vor, während der Laufzeit des aktuellen Mandats bis Oktober etwas an der Obergrenze von 3500 Soldaten zu ändern, sagte Merkel. Das neue Mandat werde nach der internationalen Afghanistan-Konferenz im Juni beraten. "Ein Einsatz im Süden steht jedoch nicht zur Debatte." Merkel betonte die deutschen Pläne, mehr im Bereich der Polizeiausbildung zu tun.

Der führende demokratische US-Präsidentschaftsbewerber Barack Obama hatte die Europäer in harschen Worten zu einem größeren Engagement in Afghanistan aufgefordert. In einem Seitenhieb auf Nato-Partner wie Deutschland, die ihren Truppeneinsatz auf relativ ruhige Gebiete beschränkt haben, hatte Obama am Donnerstag gesagt, es gehe nicht an, dass die USA und Großbritannien die "Drecksarbeit" erledigten und kein anderer bereit sei, gegen die Taliban in den Kampf zu ziehen. Obama nannte allerdings keine Staaten beim Namen, von denen er mehr Einsatz erwartet.

Das Verteidigungsministerium dementierte einen Bericht über eine schnelle Aufstockung des Mandats. Auch mit der Entsendung der Schnellen Eingreiftruppe in den Norden Landes könne es bei der Obergrenze von 3500 Soldaten bleiben, sagte ein Sprecher. "Der Spiegel" berichtete vorab, Militärs forderten statt der von Minister Franz Josef Jung angekündigten 200 Soldaten für die Truppe 450. Weil Jung zugleich andere Einheiten verstärken wolle, müsse die Obergrenze bereits im Juni angehoben werden. Der Sprecher sagte dagegen, es gebe genügend Flexibilität bei den Unterstützungstruppen, damit es bei 3500 Soldaten bleiben könne.

Die norwegische Armee, die diese Truppe noch bis zum Sommer stellt, umfasst rund 250 Mann. Ein Sprecher des Ministeriums sagte in Berlin, je nach Lage und Auftrag müsste die QRF durch Kräfte unterstützt werden, die sich bereits im Einsatz befänden. Zu genauen Zahlen äußerte er sich nicht. Die Planungen seien auch noch nicht abgeschlossen. Er betonte aber, die Truppe werde alle erforderlichen Fähigkeiten und die geeignete Ausrüstung für diesen Einsatz haben. Fest stehe ferner, dass die vom Bundestag festgelegte Obergrenze von 3500 Soldaten in Afghanistan nicht überschritten werde.

Langfristige Aufgabe

Generalsekretärs Jaap de Hoop Scheffer hat unterdessen während seines Besuchs bei US-Präsident George W. Bush noch einmal betont, dass die NATO-Staaten nicht mit einem baldigen Ende des Truppeneinsatzes in Afghanistan rechnen können. "Wir haben eine langfristige Verpflichtung gegenüber Afghanistan", sagte Scheffer in Washington. "Alle 26 NATO-Verbündeten sind dort, und wir sind dort über einen langen Zeitraum." Es gehe um "den Kampf gegen den Terrorismus, und wir können es uns nicht leisten zu verlieren." Die NATO werde in Afghanistan "die Oberhand behalten".

Auch Bush hob die Bedeutung des NATO-Engagements hervor. Allerdings äußerten sich beide Seiten nicht öffentlich zum Wunsch Washingtons, dass sich deutsche und andere europäische Truppen auch im gefährlichen Süden Afghanistans engagieren. Am Samstag standen Gespräche zwischen Bush und dem dänischen Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen an, bei denen die Afghanistan-Frage eine zentrale Rolle spielen dürfte. Rassmussen hatte unlängst deutlich gemacht, dass es keine Aufstockung des rund 560 Soldaten umfassenden dänischen Afghanistan-Kontingents geben wird.

Die USA fordern von den NATO-Verbündeten seit Monaten mehr Unterstützung im Kampf gegen Extremisten im Süden Afghanistans. Der stellvertretende US-Außenminister Nicholas Burns hatte erst kürzlich ausdrücklich den Einsatz deutscher und europäischer Truppen auch in Süd-Afghanistan verlangt. Truppen aus Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien seien zwar nördlich und westlich von Kabul stationiert, "wo es keine ernsthafte Bedrohung und wo es keine Kämpfe gibt". Diese Truppen sollten aber auch "die Last im Süden und Osten Afghanistans schultern". Die Bundesregierung lehnte das mehrfach ab.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen