Chinesische Verführung Afrika boomt auch ohne Demokratie
05.01.2011, 15:57 Uhr
Der chinesische Präsident Hu Jintao (2.v.l.) zu Besuch in Senegal beim Präsidenten Abdoulaye Wade (3.v.r.).
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Südafrika ist geschmeichelt. China will, dass es Mitglied der Bric-Gruppe wird. Überhaupt setzt man in Afrika gern auf das chinesische Modell der Zusammenarbeit, birgt es doch die Aussicht auf einen Wirtschaftsboom auch ohne demokratische Reformen.
China punktet erneut in Afrika. Peking möchte, dass Südafrika neben Brasilien, Russland, Indien und China fünftes Mitglied der Bric-Gruppe boomender Schwellenländer wird. Südafrika ist geschmeichelt, haben doch die Türkei, Indonesien oder Mexiko eine deutliche größere Wirtschaftsleistung; auch die Wachstumsrate Südafrikas liegt klar unter Bric-Niveau. Der Vorstoß ist aber ein neuer Beleg für die Offensive Pekings in Afrika - das in wachsendem Maße der "chinesischen Verführung" erliegt. Denn selbst die Regierung des demokratischen Südafrika ist fasziniert von einer Perspektive von Wachstum und Wohlstand bei gleichzeitig autoritärer Führung.
Wie sehr die Regierung von Präsident Jacob Zuma, vor allem aber seine Partei ANC von Chinas zentralistischer Planung und erzwungenem inneren Frieden fasziniert ist, lässt sich an den unzähligen Kontakten und Besuchen hochrangiger Delegationen im Reich der Mitte ablesen. Zunehmend werden laut des "Mail & Guardian" auch ANC-Kader - wie viele Funktionäre anderer afrikanischer Staaten - in China ausgebildet und geschult. Angebote der SPD-nahen Friedrich Ebert Stiftung zur Aus- und Fortbildung von Parteifunktionären stießen beim ANC auf wenig Gegenliebe. Das Modell der alleinherrschenden Kommunistischen Partei Chinas scheint attraktiver.
Attraktive Lösungen ohne politische Forderungen
Wirklich durchschlagend sind aber die Erfolge Chinas in autoritär regierten Staaten wie Simbabwe, Angola, Mosambik oder Kongo. "Die Chinesen bieten attraktive Lösungen aus einer Hand ohne politische Forderungen, da können wir Europäer gar nicht mithalten", klagte ein hoher EU-Diplomat in Maputo, Mosambik. Für die Ausbeutung der Bodenschätze wie Öl, Erdgas, Eisenerz, Kupfer, Bauxit oder Uran schnürt Peking ein Paket aus Krediten, Investitionen und Projekten. Gebaut werden Straßen und Krankenhäuser, Flughäfen, Stadien und Präsidentenpaläste.
China will gute Geschäfte machen - wie Afrikas Eliten das Volk oder Minderheiten behandeln, interessiert da wenig. "Chinas Hilfe für Afrika orientiert sich an Afrikas Bedürfnissen, ohne dass politische Bedingungen gestellt werden", hatte Chinas Vizehandelsminister Chen Jian 2010 betont. Zur Freude der Diktatoren gibt es keine "imperialistische Einmischung", keine lästigen Forderungen nach Einhaltung der Menschenrechte oder Rechtsstaatlichkeit. Auch die Bric-Staaten Indien und Russland, beide in Afrika ebenfalls auf Expansionskurs, interessieren sich wenig für lokale Misswirtschaft und Korruption.
Chinesen in Afrika unbeliebt
In mehr als 40 afrikanischen Staaten ist China engagiert; inzwischen arbeiten dort über eine Million chinesische Arbeiter und Fachkräfte. Das Konzept, das auch Zweifel an Fähigkeiten und Engagement der Afrikaner offenbart, birgt politische Sprengkraft. Aus Angola und Nigeria berichteten US-Diplomaten, wie die von Wikileaks veröffentlichten Dokumente zeigen, vom wachsenden Unmut der Einheimischen. Die Chinesen in Afrika, die meist isoliert in Enklaven wohnen, sind unbeliebt - zumal die Flut chinesischer Billigimporte wie Textilien oft einheimische Produzenten ruiniert. Das Ansehen leidet auch wegen der oft miserablen Arbeitsbedingungen in chinesischen Betrieben. Zudem werden sie vielerorts für Schmuggel, Wilderei und Überfischung verantwortlich gemacht.
Chinas Einfluss in Afrika wächst dennoch unvermindert: Die aufstrebende Weltmacht aus Asien hat die USA als Wirtschaftspartner Nummer eins verdrängt. Peking investierte in Afrika bis 2009 laut der Zeitschrift "African Business" über 100 Milliarden Dollar. Der Handel zwischen Afrika und China stieg 2010 auf weit über 100 Milliarden US-Dollar an. Auch in Südafrika, Afrikas stärkster Wirtschaftsmacht, löste China 2009 Deutschland als wichtigsten Handelspartner ab.
Südafrika besucht Nordkorea
Westliche Diplomaten werten den wachsenden Einfluss Chinas in Afrika - vor allem auch politisch - als bedrohliches Zeichen für eine Entwicklung, die auf demokratische Werte wenig Gewicht legt. Die einflussreiche Jugendorganisation des ANC geht sogar noch weiter als die Mutterpartei: Jüngst besuchte eine Delegation das stalinistisch geprägte Nordkorea. Die jungen südafrikanischen Parteifunktionäre hätten Nordkoreas Diktator Kim Jong Il als "großen Führer" für Frieden gewürdigt, berichtete die "Business Day".
Quelle: ntv.de, Laszlo Trankovits, dpa