Politik

Wahl in Simbabwe "Afrikas Hitler" greift wieder zur Macht

Markenzeichen Hitler-Bärtchen: Robert Mugabe.

Markenzeichen Hitler-Bärtchen: Robert Mugabe.

(Foto: REUTERS)

Mit 89 Jahren will Robert Mugabe sich wieder zum Präsidenten von Simbabwe wählen lassen. Seine Erfolgsaussichten? Sind blendend. Die politische Karriere des wohl skurrilsten Herrschers Afrikas, vielleicht des skurrilsten Herrschers der Welt, will einfach nicht enden.

Nur eines ist geblieben: der Hitler-Bart. Abgesehen von diesem Detail erinnert Robert Mugabe kaum noch an den Mann, der die Schwarzen in Simbabwe 1980 in die Unabhängigkeit führte. Damals war er ein gedrungener Kerl mit verschmitztem Grinsen und wachem Blick. Heute ist er ein gebückter Greis mit trüben Augen und hängenden Mundwinkeln. Und doch, so grotesk es auch scheinen, so bitter es auch sein mag: Wie in jenen Tagen, als er aus der Parlamentswahl in der früheren britischen Kolonie Südrhodesien als Sieger hervorging, gilt: Dieser Mann ist die Zukunft Simbabwes.

Zu allem bereit: Die Anhänger von Robert Mugbabe.

Zu allem bereit: Die Anhänger von Robert Mugbabe.

(Foto: REUTERS)

Nach mehr als 30 Jahren an der Macht tritt Robert Mugabe bei den jüngsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen mit seiner Zanu-Partei wieder an - im Alter von 89 Jahren. Und vermutlich wird er die Wahl gewinnen - wenn nötig, mit skrupelloser Trickserei. Höchste Zeit also, sich zu vergegenwärtigen, wer dieser Mann ist, der nicht nur wegen seines markanten und altersresistenten Bartes den Spitznamen "Afrikas Hitler" trägt.

Mugabe kam 1924 in der Kleinstadt Fort Victoria (heute Masvingo) im Südosten Simbabwes zur Welt. Der streng erzogene Katholik schlug eine akademische Karriere aus, obwohl er Philosophie, Pädagogik, Wirtschaftswissenschaften und Jura teils in Afrika, teils in Europa studiert hatte. Er entschied sich für die Politik.

Mugabe, der Unabhängigkeitskämpfer

Als Gründer der militanten "Zimbabwe African National Union" (Zanu) machte er schnell als Unabhängigkeitskämpfer von sich reden. Und auch die Regierung wurde auf ihn aufmerksam. Mit Guerilla-Methoden probte er den Aufstand gegen die herrschende weiße Minderheit. Die Folge: Wegen subversiver Aktivitäten sperrte das Regime Mugabe mehr als zehn Jahre lang ein. Los wurde die Regierung ihn damit aber nicht. Als die Widerstandsgruppen Ende der 1970er Jahre mit der Regierung in London einen Waffenstillstand eingingen, saß Mugabe am Verhandlungstisch. Mit anderen Widerstandsgruppen formte er die "Patriotic Front" (Patriotische Front) und erzwang Wahlen. Nur wenig später war er Premierminister des neuen Staates Simbabwe.

Vor allem die Jugend ist Mugabe leid. Doch auch das Ansehen seiner Herausforderer hat gelitten.

Vor allem die Jugend ist Mugabe leid. Doch auch das Ansehen seiner Herausforderer hat gelitten.

(Foto: REUTERS)

In den ersten zehn Jahren seiner Regentschaft machte er nur wenige Negativschlagzeilen. Im Gegenteil: Er war ein Held des afrikanischen Befreiungskampfes. Doch das sollte sich in den 1990er Jahren ändern. Die Erniedrigungen der weißen Siedler, die dem Ruf Londons, die Schwarzen an der Regierung zu beteiligen, lange nicht folgten, saßen bei Mugabe tief. Lange erweckte er den Eindruck, als habe er sie überwunden - trotz seines verdächtigen Hitler-Bartes. Doch Ende der 1990er Jahre brachen sie heraus.

Mugabe setzte eine Landreform durch. Ohne Kompensation ließ er die weißen Siedler enteignen. Als Schwarze ihr Land besetzten, kam es zu Gewaltausbrüchen. Die Siedler flüchteten, viele von ihnen steckten zuvor ihre Höfe in Brand, schlachteten ihr Vieh und zerstörten ihre Maschinen. Die Landreform endete nicht nur blutig. Sie endete im Zusammenbruch des Agrarsektors Simbabwes. Auch, weil sich durch Korruption und Vetternwirtschaft schwarze Eliten das Land sicherten, nicht die vielen geschickten Kleinbauern. Die einstige Kornkammer Südafrikas verwandelte sich in ein Armenhaus. Und nicht nur das. Mit seiner rücksichtlosen Hatz auf das Land der Weißen machte Mugabe sich viele Feinde.

Mugabe, der Psychopath

In etlichen Berichten ist von Attentatsversuchen von westlichen Geheimdiensten auf Mugabes Familie die Rede. Frühere Vertraute sprechen davon, dass ihn die Angst um sein Leben und das seiner Familie, gepaart mit dem Ansehensverlust im Volk wegen der zerborstenen Wirtschaft, in heftige Paranoia trieben.

Kann er Mugabe stürzen? Der frühere Hoffnungsträger Tsvangirai blieb bisher weit hinter den Erwartungen an ihn zurück.

Kann er Mugabe stürzen? Der frühere Hoffnungsträger Tsvangirai blieb bisher weit hinter den Erwartungen an ihn zurück.

(Foto: REUTERS)

Mugabe radikalisierte sich immer weiter. Spätestens, nachdem er Weißen den Besitz von Firmen grundsätzlich verbat, erschien er nicht mehr wie ein Befreiungskämpfer, sondern wie ein Nationalist übelster Sorte. Seine Landreform nannte er plötzlich "Endlösung". Auf Kritik aus den Westen an seiner Politik antwortete er mit den Worten: "Wenn das Hitler sein soll, dann bin ich Hitler hoch zehn." Seinen Spitznamen "Afrikas Hitler" gab er sich so fast selbst, und sein Hitler-Bart, den er schon lange vor seiner Verirrung und Radikalisierung pflegte, bekam eine neue Bedeutung. Auch, weil er zusehends dem totalen Machtwahn verfiel.

Als Mugabe bei den letzten Präsidentenwahlen 2008 wieder antrat, gab ein früherer Weggefährte dem deutschen Magazin "Cicero" ein Interview. Der simbabwische Journalist Wilf Mbanga beschrieb Mugabe darin als einen Mann, der es nicht fassen konnte, dass sich sein Volk von ihm abwendet. "Die Helden des Befreiungskrieges - Mugabe jedenfalls - haben meist das Gefühl, das Land schulde ihnen was. Sie glauben, sie haben sich die lebenslängliche Präsidentschaft verdient." Er fügte hinzu: Die Jahre an der Macht hätten ihn sturzbetrunken gemacht und die Angst vor dem drohenden Machtverlust so gefährlich wie ein verwundetes Tier. "Momentan ist er zu allem fähig, auch zum Völkermord."

Mugabe, der Despot

Wilf wunderte es nicht, dass Mugabe auch nach der Wahl die Stimme seines Volkes überhörte. Mugabe verlor gegen Herausforderer Morgan Tsvangirai deutlich. Doch er und seine Anhänger ließen nicht locker. Sie überzogen das Land mit Gewalt. Nur, um einen offenen Bürgerkrieg zu verhindern, ließ sich Tsvangirai missmutig auf eine Koalition mit ihm ein. Er übernahm den Posten des Ministerpräsidenten, Mugabe blieb Präsident. Das Tragische daran: Mit dieser Kompromissregierung mag Tsvangirai zwar weiteres Blutvergießen verhindert haben. Wahrscheinlich hat er damit aber auch die Herrschaft Mugabes zementiert.

Weil die Koalition aus zwei Erzrivalen einer politischen Blockade gleichkam, herrschte im Land in den vergangenen fünf Jahren wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Stillstand. Tsvangirai enttäuschte die Hoffnung auf wirtschaftliche und demokratische Reformen. Vielmehr entstand der Eindruck, dass er die Unrechtsherrschaft Mugabes durch seine Regierungsbeteiligung auch noch legitimiert. Und so ist es mehr als fraglich, ob Tsvangirai seinen Wahlerfolg von 2008 wiederholen kann. Und selbst wenn: Es gibt wohl niemanden, der daran zweifelt, dass Mugabe auch 2013 bereit ist, um wirklich jeden Preis um sein Amt zu kämpfen. Das Ergebnis Tsvangiras, seines stärksten Herausforderers, ist da völlig egal.

Es ist grotesk und bitter. Aber Mugabe ist die Zukunft Simbabwes. Zumindest bis zu seinem Tod.

Quelle: ntv.de

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