Muslimbrüder lassen nicht los Ägypten erlebt neue Gewalt
16.07.2013, 16:13 Uhr
Mursis Anhänger wollen nicht weichen und erheben ihre Forderungen auch gewaltsam.
(Foto: AP)
Seit dem Sturz von Präsident Mursi vor zwei Wochen kommt Ägypten nicht zur Ruhe. Obgleich die neue Regierung ihr Kabinett ausbaut und den Islamisten immer wieder die Mitarbeit anbietet, schlagen diese aus und setzen ihre Proteste auf der Straße fort.
In Ägypten ist nach einer Woche relativer Ruhe wieder Gewalt ausgebrochen. Bei Straßenschlachten zwischen Anhängern des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi und dessen Gegnern sowie den Sicherheitskräften wurden in Kairo sieben Menschen getötet und weitere 261 verletzt. 401 Personen seien wegen Unruhestiftung festgenommen worden, meldete die amtliche Nachrichtenagentur MENA. Die Bemühungen von Übergangsministerpräsident Hasem al-Beblawi, die Muslimbruderschaft in die Regierungsbildung einzubeziehen, wurden von den Islamisten erneut schroff zurückgewiesen. "Ohne ein Ende des Militärputsches wird es keine nationale Aussöhnung geben", sagte der ranghohe Muslimbruder Mohammed al-Beltagi.
An mehreren Stellen in Kairo hatten sich in der Nacht zu Dienstag Zehntausende Anhänger der Muslimbruderschaft versammelt, um für die Wiedereinsetzung Mursis zu demonstrieren. Die Straßenschlachten waren aber auf einige wenige Orte begrenzt und dehnten sich nicht mehr über weite Gebiete aus wie unmittelbar nach Mursis Sturz.

Sie wollen keine neue Regierung, sondern ihren gewählten Präsidenten wieder ins Amt heben.
(Foto: AP)
Ein Zentrum der Unruhen war erneut eine Nil-Brücke an einer der wichtigsten Durchfahrtsstraßen in der Innenstadt Kairos. Dort stieß eine Gruppe von Mursi-Getreuen auf Gegner des gestürzten Präsidenten. Es kam zu Rangeleien, schließlich flogen Steine, und es entwickelte sich eine Straßenschlacht. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge auseinanderzutreiben. Erst bei Sonnenaufgang beruhigte sich die Lage. Zwei Menschen wurden nach Angaben der Rettungsdienste bei den Krawallen an der Brücke getötet, fünf weitere bei Ausschreitungen in Gizeh, wo unweit von Kairo die weltberühmten Pyramiden stehen.
Proteste auch anderen Orten
Auch an anderen Orten in Kairo, etwa an der Rabaa-Adawija-Moschee im Nordosten der Stadt, wo Anhänger der Muslimbruderschaft seit fast zwei Wochen in einer Mahnwache für Mursi ausharren, hatten sich Zehntausende Menschen versammelt. Eine weiter große Ansammlung gab es vor der Universität von Kairo. Proteste wurden auch aus Alexandria und Assiut gemeldet.
Seit dem Sturz Mursis vor zwei Wochen wurden mindestens 92 Menschen getötet. Die Armee hatte den Präsidenten entmachtet, nachdem Millionen Menschen gegen ihn auf die Straßen gegangen waren, weil sie eine schleichende Islamisierung ihres Landes fürchteten. Die Anhänger Mursis fordern seine Wiedereinsetzung und berufen sich dabei auf ihre Siege bei demokratischen Wahlen.
Regierungsbildung geht voran
Unterdessen holte Ministerpräsident al-Beblawi weitere Minister in sein Kabinett. Er berief den Ökonomen Osama Saleh wieder als Investitionsminister. Saleh hatte den Posten im Mai bei einer Kabinettsumbildung verloren. Schon am Vortag hatte der Regierungschef, der ein Kabinett aus Fachleuten und liberalen Politikern zusammensetzen will, um Ägypten durch die Übergangszeit bis zu Wahlen zu führen, den bisherigen Planungsminister Aschraf al-Arabi im Amt bestätigt.
Der Sprecher von Übergangspräsident Adli Mansur, Ahmed Elmoslmani, sagte, auch Mitgliedern der Muslimbruderschaft und anderer islamistischer Gruppen seien als Geste der Aussöhnung Kabinettsposten angeboten worden. Er sehe Zustimmung dafür aufseiten der Muslimbruderschaft, sagte der Sprecher. Dem widersprach umgehend der führende Muslimbruder al-Beltagi. Den Muslimbrüdern seien keine Ämter angeboten worden, und selbst wenn dies geschähe, würde das Angebot zurückgewiesen, sagte er.
Quelle: ntv.de, rts