Politik

Menschenrechtler kritisieren Einschüchterung Ägypter billigen Verfassung

Die Wahlkommission gibt das Ergebnis bekannt.

Die Wahlkommission gibt das Ergebnis bekannt.

(Foto: dpa)

Nun also ist ausgezählt, und die ägyptischen Militärs können sich bestätigt fühlen. Mit sagenhaften 98 Prozent der Stimmen nehmen die Ägypter nach Angaben der Wahlkommission eine neue Verfassung an. Oppositionelle sprechen von einer "Farce".

Ein halbes Jahr nach der Entmachtung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär haben die Ägypter eine neue Verfassung angenommen. 98,1 Prozent der Teilnehmer des Referendums am vergangenen Dienstag und Mittwoch stimmten dem Entwurf zu, gab die ägyptische Wahlkommission in Kairo bekannt. Die Wahlbeteiligung lag bei 38,6 Prozent. Übergangspräsident Adli Mansur wird nun in den nächsten Tagen Präsidenten- und Parlamentswahlen ausschreiben.

Als aussichtsreichster Kandidat für das höchste Staatsamt gilt der mächtige Militärchef General Abdel Fattah al-Sisi. Dieser hat sich allerdings noch nicht eindeutig für eine Kandidatur ausgesprochen. Das nun gebilligte Grundgesetz enthält formell mehr Rechte für die Bürger als die früheren Verfassungen, privilegiert aber zugleich das Militär.

Die Muslimbruderschaft, aus deren Reihen Mursi kommt, hatte zu einem Boykott aufgerufen. Menschenrechtler und Beobachter kritisierten ein Klima der Einschüchterung, das einen fairen Wettstreit zwischen Befürwortern und Gegnern der Verfassung unmöglich gemacht habe. Die Islamisten sprachen von einem "Triumph" ihres Boykottaufrufs und bezeichneten die Abstimmung als "Farce".

Die eher mäßige Beteiligung kann aber auch als Erfolg dargestellt werden: Am Referendum über die Verfassung der Islamisten Ende 2012 hatten nur 33 Prozent der Wähler teilgenommen, von denen 63 Prozent mit "Ja" gestimmt hatten. In der Summe stimmten mehrere Millionen Menschen mehr für das neue als für das alte Grundgesetz. Eine Mindestbeteiligung für die Gültigkeit von Volksabstimmungen ist in Ägypten nicht vorgeschrieben.

Privilegien des Militärs

Der neue Verfassungsentwurf beruht zwar zu einem großen Teil auf der im Dezember 2012 verabschiedeten Verfassung, welche die Handschrift der islamistischen Muslimbruderschaft trug. Formuliert wurde der überarbeitete Text aber von Vertretern der Übergangsregierung und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens. Er enthält Fortschritte bei Bürger- und Frauenrechten und macht die unter den Islamisten beschlossenen Änderungen rückgängig, die dem Islam mehr Gewicht verliehen hatten.

Gleichzeitig schreibt die neue Verfassung aber Privilegien des Militärs fest. Menschenrechtler und Experten beanstanden, dass Freiheitsrechte schwierig durchsetzbar seien, weil der Bürger gegenüber Justiz und Polizei das Nachsehen habe.

Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen