Politik

Rassismusopfer scheitert vor Gericht Alberto geht k.o.

Alberto zeigt ein Abschiedsgeschenk, das er vom Uckermärkischen Boxverein bekommen hat, in dem er aktiv war.

Alberto zeigt ein Abschiedsgeschenk, das er vom Uckermärkischen Boxverein bekommen hat, in dem er aktiv war.

(Foto: picture alliance / dpa)

Obwohl er selbst immer wieder Opfer von Beleidigungen und Angriffen wird, kämpft Ibraimo Alberto 21 Jahre lang als Ausländerbeauftragter gegen Rassismus in Brandenburg. Vergeblich. All seine Versuche, Täter vor Gericht verantwortlich zu machen, scheitern.

Ein Mann wie Ibraimo Alberto gibt nicht schnell auf. Als Profiboxer musste er immer wieder schmerzhafte Schläge wegstecken. Er war widerstandsfähig genug, um es bis in die Bundesliga zu schaffen. Als Ausländerbeauftragter in Brandenburg kämpfte er 21 Jahre lang gegen Rassismus. Und das, obwohl er in der Stadt Schwedt immer wieder selbst Opfer von Angriffen und Beleidigungen wurde. Im Boxring steht er noch immer gern. Den Kampf gegen Rassismus hält er kaum noch aus.

Elf Mal stieg Alberto in den juristischen Ring, elf Mal stellte er Anzeige, weil er in Schwedt Opfer von Rassismus wurde. Es kam nie zur Anklage. "Keiner hat mich ernst genommen", sagte er. Die Opferperspektive Brandenburg fügte hinzu: "Die Ermittlungsbehörden haben nie richtig recherchiert." Auch mit seinem zwölften Versuch scheiterte er nun. Das Bernauer Amtsgericht gab seiner Klage nicht statt.

Was war geschehen? Nach etlichen Angriffen, ging Alberto am 12. März 2011 das erste Mal zu Boden: Bei einem Fußballspiel in Schwedt beleidigten Spieler der gegnerischen Mannschaft ihn und seinen Sohn. Das behauptete zumindest Alberto. "Hurennegersohn" sollen sie gesagt haben und "Sau-Neger."

Angriffe die ihn trafen konnte er bis dahin irgendwie wegstecken. Doch als auch sein Sohn zum Opfer wurde, wollte er nicht mehr ertragen. Alberto floh. Er zog mit seiner Familie nach Karlsruhe, fing ein besseres Leben an, wie er es heute sagt.

Die Stadt Schwedt kämpft um ihr Image

Im Boxring fühlte sich Alberto immer wohl - auch in Schwedt.

Im Boxring fühlte sich Alberto immer wohl - auch in Schwedt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein schwarzer Ausländerbeauftragter, der aus Brandenburg flüchtet - diese Geschichte sorgte für Aufsehen. Fernsehteams besuchten Alberto, Zeitungsreporter interviewten ihn. Die Stadt Schwedt stand nach den wilden 90er-Jahren, als vielerorts in Ostdeutschland Neonazis mit Springerstiefeln marschierten, als rassistisches Nest am Pranger. Ein Image, das Kriminalitätsstatistiken heute kaum noch decken. Und so setzte die Stadtverwaltung auch alles daran, den Ruf der Stadt zu schützen.

Doch natürlich gibt es auch jenseits der Statistiken Rassismus. Denn nicht jede rassistische motivierte Straftat wird auch als solche erfasst – besonders die subtileren wie Beleidigungen nicht. Allzu oft lassen die sich schlicht nicht beweisen.

Dass die Stadtverwaltung Albertos Beschwerden abtat, seine Berichte nicht ernst nahm, dass er irgendwann einfach als zu sensibel galt, machte ihn wütend. Der frühere Profiboxer stieg ein zwölftes Mal in den juristischen Ring. Er wollte den Mann zur Rechenschaft ziehen, der ihn und seinen Sohn an jenem 12. März angeblich beleidigt hatte.

Zeugen liefern kaum verwertbare Aussagen

Wohl auch weil Albertos Geschichte schon in ganz Deutschland durch die Medien ging, kam es diesmal zur Anklage. Vor dem Prozessauftakt Mitte April sagte Alberto: "Ich will heute eine faire Lösung bekommen."

Der Angeklagte, ein 19-Jähriger Gymnasiast, leugnete, Alberto je rassistisch beleidigt zu haben. Der Schiedsrichter und etliche Spieler sagten, sie hätten damals nicht genau mitbekommen, wer damals was sagte.

Nur ein Zeuge bestätigte am Tag des Prozessauftaktes Albertos Vorwürfe. Nach etlichen Nachfragen des Richters sagte der Spieler des Schwedter Fußballvereins, er habe gehört: "Neger geh nach Hause." Die Ausbeute an verwertbaren Aussagen war an den folgenden Prozesstagen ähnlich spärlich.

Zu all den Spielern, die von rassistischen Beleidigungen nichts mitbekommen haben wollen, sagte Alberto: "Die wollen bloß nicht ihre Gesellschaft kaputt machen, die wollen das Image von Schwedt nicht zerstören." Und Alberto sagte auch: "Ich weiß nicht, wie ich weiterleben soll, wenn der Täter nicht verurteilt wird."

Alberto bleibt nur die Hoffnung auf einen Rückkampf

Am 10. Mai ging Albertos Kampf gegen Rassismus in die entscheidende Phase. Er saß bei der Urteilsverkündung in Bernau dem Mann gegenüber, der ihn und seinen Sohn als "Neger" beschimpft haben soll. Und Alberto ging k.o. Der Richter sprach den 19-Jährigen frei – aus Mangel an Beweisen.

Trotz dieses Urteils lobte Alberto die Justiz, er hob hervor, dass der Richter stundenlang nachbohrte und versuchte, etwas aus den Zeugen herauszubekommen. Beim Gedanken an all die Spieler, die angeblich nichts mitbekommen haben, sagte er dagegen: "Keiner will wahrhaben, dass es Rassismus gibt." Er fügte hinzu: "Daran gehe ich kaputt." Endet so der Kampf des Ibarimo Alberto?

Ein jeder Boxer weiß: Wer sich traut, bekommt eine Revanche. Und Alberto sagt: "Ich kann die Sache nicht ruhen lassen." Es liegt dem friedfertigen Alberto fern, an Selbstjustiz zu denken. Er will, dass die Gesellschaft für Gerechtigkeit sorgt, dass ihm endlich alle seine Geschichte glauben.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen