Politik

Merkel bekennt Farbe Alle wollen Köhler

Klar war immer: Beiläufig am Rande einer Grillparty im Schloss Bellevue wie sein Vorgänger Johannes Rau wird sich Horst Köhler gewiss nicht zu seinen Zukunftspläne äußern. Dies jedenfalls wird dieser Tage wiederholt aus der Umgebung des Bundespräsidenten versichert. Dennoch sind alle gespannt darauf, wann und wie das Staatsoberhaupt verkünden wird, ob er im Mai 2009 erneut für eine fünfjährige Amtsperiode kandidieren wird oder nicht.

Seit Donnerstagnachmittag herrscht etwas mehr Klarheit. Von der CDU-Kanzlerin kam in bislang deutlichster Form die Aufmunterung zum Weitermachen. "Wir würden uns freuen, wenn er sich entscheiden würde, eine zweite Amtszeit zu machen", verkündete Angela Merkel in einem ZDF-Interview. Damit wolle sie aber Köhlers persönlicher Entscheidung nicht vorgreifen.

Ein Jahr vor Ablauf seiner Amtszeit - so hatte Köhler angekündigt - werde er dies bekanntgeben. Alles deutet jetzt darauf hin, dass er erneut antritt. In den Parteizentralen und in Hintergrundzirkeln der Hauptstadt ist bereits ein Deutungskampf um die Präsidenten-Wahl im Gange.

Als erster hatte sich FDP-Chef Guido Westerwelle vorgewagt und schon vor Ostern die anderen Parteien zum öffentlichen Bekenntnis zur Wiederwahl Köhlers gedrängt. Die FDP - so Westerwelles Kalkül - sollte das "Erstgeburtsrecht" bei der Wiederwahl Köhlers behalten. Schließlich war der damalige IWF-Chef wenige Monate vor der letzten Bundesversammlung 2004 in der Berliner Wohnung Westerwelles zusammen mit Angela Merkel (CDU) und Edmund Stoiber (CSU) als Überraschungs-Kandidat ausgesucht worden.

Nur die CSU war bisher öffentlich auf den Köhler-Zug aufgesprungen. Parteichef Erwin Huber: "Wenn er sich für eine zweite Amtszeit entscheidet, hat er die volle Unterstützung der CSU und auch von mir ganz persönlich." Merkel hatte bislang nur intern ihre Präferenz für eine Wiederwahl Köhlers klar zu verstehen gegeben.

SPD in Lauerstellung

Angesichts der unruhigen Parteienlandschaft und der unklaren Mehrheiten in der Bundesversammlung liegt es im Interesse der Kanzlerin, dass Köhler bleibt - auch wenn das nicht allen in der Union passt. Ausgerechnet im Wahljahr 2009 müsste sie aber sonst nach einem neuen Kandidaten sowie neuen Bündnissen in der Bundesversammlung suchen. Dort ist der noch vor vier Jahren komfortable Vorsprung von Union und FDP fast vollständig dahingeschmolzen. Und vieles spricht dafür, dass nach der Bayern-Wahl im Herbst diese Mehrheit endgültig dahin ist.

Noch abwartend verhält sich die SPD-Führung, was die Haltung zur Wiederwahl Köhlers angeht. Erst einmal müsse die Union sich klar festlegen, heißt es zur Begründung. Auch dort geht man nach vertraulichen Gesprächen davon aus, dass Köhler keine andere Lebensplanung hat und erneut antreten will. Doch zu 100 Prozent sicher ist sich die SPD auch nicht. Zumindest vorsorglich wird deshalb für den Fall der Fälle schon über einen eigenen Kandidaten nachgedacht. Die besten Karten dabei hat erneut Köhlers SPD-Gegenkandidatin von 2004, die Professorin Gesine Schwan, die sich damals couragiert geschlagen hat. Bisweilen genannt wird auch der frühere Vizekanzler Franz Müntefering. Falls Köhler allerdings tatsächlich will, dürfte die SPD ihm aber letztlich die Unterstützung nicht verweigern. Auf ein Abenteuer in der Bundesversammlung, bei der die eigene Kandidatin womöglich auch auf Stimmen der Linken und der Rechtsradikalen angewiesen wäre, will man sich keinesfalls einlassen.

Köhler selbst kann ab sofort deshalb wohl seine Entscheidung ohne Furcht vor einer Niederlage treffen. Er ist im Volk höchst beliebt. Dass er im Berliner Politbetrieb nach wie vor fremdelt, wird ihm eher als Pluspunkt angerechnet. Und gewissermaßen als "politisches Programm" für die nächsten Jahre hat er in diesen Tagen wieder Tempo bei den Reformen angemahnt. Um Vollbeschäftigung zu erreichen, müsse es eine neue Reform-"Agenda 2020" geben. "Der ist mit voller Energie dabei", sagt ein Köhler-Kenner, der den Bundespräsidenten in diesen Wochen vor seiner Entscheidung bei der Arbeit beobachtet.

Quelle: ntv.de, Frank Rafalski und Joachim Schucht, dpa

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