Politik

Chaos-Wahl in Israel Alle wollen Sieger sein

Nach einem deutlichen Rechtsruck bei der Parlamentswahl in Israel bahnt sich eine schwierige Regierungsbildung an. Die der politischen Mitte zugerechnete Kadima-Partei von Außenministerin Zipi Livni wurde mit 28 von 120 Sitzen zwar knapp stärkste Fraktion, kann aber ohne Unterstützung aus dem rechten Lager keine Regierungskoalition bilden.

Der wiedererstarkte Rechtsblock erzielte mit 65 Mandaten einen deutlichen Sieg. Unklar ist, ob der bisherige Oppositionsführer Benjamin Netanjahu eine reine Rechtsregierung aus sechs rechten und ultra-religiösen Parteien bilden kann. Sowohl Livni als auch Netanjahu haben das Amt des Premierministers bereits für sich beansprucht.

Livni kann vorerst nur mit der Unterstützung von Arbeitspartei und der linksliberalen Merez-Partei rechnen, die mit der Kadima auf 44 Sitze kommen. Von den elf Abgeordneten arabischer Parteien wird keine Regierungsbeteiligung erwartet.

Regierung wird schwach sein

"Der Wähler habe keine klare Entscheidung zustande gebracht, und so wird Israels künftige Regierung in jedem Fall schwach sein", kommentierte Nahostkorrespondent Ulrich W. Sahm bei n-tv.de. Da die vermeintlichen Sieger allesamt schlecht abgeschnitten haben und aus persönlichen oder politischen Gründen kaum an einem Tisch zusammensitzen können, gelten eine große Koalition oder eine Koalition mit rotierendem Ministerpräsidenten als unrealistisch. "Staatspräsident Schimon Peres fällt nun die undankbare Aufgabe zu, jenen Politiker ausfindig zu machen, der die beste Chance hat, eine Regierungskoalition zu bilden." Die Frau an der Spitze der stärksten Partei werde nicht automatisch Ministerpräsidentin.

Wie die Wahlkommission in Jerusalem mitteilte, erreichte die Kadima-Partei bei dem Urnengang 28 der 120 Sitze und büßte damit ein Mandat ein. In den Umfragen vor der Wahl war der Mitte-Rechts-Formation allerdings ein wesentlich schlechteres Ergebnis prophezeit worden. Die Likud-Partei konnte ihre Anzahl an Sitzen von 12 auf 27 mehr als verdoppeln.

Rund 175.000 Stimmen von israelischen Soldaten sind jedoch noch nicht ausgezählt. Dieses Ergebnis, das über fünf bis sechs Mandate entscheidet, sollte erst am Donnerstag veröffentlicht werden.

USA setzen auf Zusammenarbeit

Die USA wollen sich mit der künftigen israelischen Regierung, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, für eine umfassende Friedenslösung im Nahen Osten einsetzen. "Wir haben über die Jahre mit verschiedenen Regierungen in Israel zusammengearbeitet, um auf den Friedensprozess einzuwirken. Und das ist weiterhin unser Ziel", sagte der Sprecher des US- Außenministeriums, Robert Wood.

Mini-Chance für Livni

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion in Bundestag, Eckhart von Klaeden, sieht nach der Wahl die Palästinenser am Zug. "Die Fortschritte im Friedensprozess hängen jetzt vor allem von der palästinensischen Seite ab, denn der größte Gegner einer Zwei-Staaten-Lösung ist die Hamas, die nach wie vor als politisches Ziel die Zerstörung Israels hat", sagte von Klaeden bei n-tv.

Enttäuschung bei den Palästinensern

Die palästinensische Führung äußerte sich in einer ersten Stellungnahme enttäuscht über den Rechtsruck bei den israelischen Parlamentswahlen. "Es ist offensichtlich, dass die Israelis für eine Lähmung des Friedensprozesses gestimmt haben", sagte der palästinensische Nahost-Unterhändler Sajeb Erakat in Ramallah. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ließ erklären, dass er nicht mit einem israelischen Ministerpräsidenten verhandeln werde, der den Friedensprozess ablehne. Die im Gazastreifen herrschende Hamas erklärte, die Israelis hätten "für die kriegslustigsten Kandidaten" gestimmt.

Quelle: ntv.de

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