Kongress sollte nicht zu stark werden Amerikaner wählen alle zwei Jahre
02.11.2010, 20:12 UhrWährend in den meisten europäischen Demokratien eine Legislaturperiode vier oder fünf Jahre dauert, wählen die US-Bürger seit mehr als zwei Jahrhunderten alle zwei Jahre einen neuen Kongress.

Der US-Kongress ist gemäß Artikel I der amerikanischen Verfassung zuständig für die Gesetzgebung, den Haushalt sowie die Kontrolle von Präsident und Regierung. Sein Sitz ist das Kapitol in Washington.
(Foto: dpa)
In der ursprünglichen Struktur der amerikanischen Legislative ist der Grund dafür zu finden, warum in den USA alle zwei Jahre gewählt wird. Das Repräsentantenhaus war die "Kammer des Volkes", während der Senat die Bundesstaaten vertrat, ähnlich wie der Bundesrat in Deutschland. Im Repräsentantenhaus der USA stehen immer alle Abgeordneten zur Wahl, inzwischen 435. Auf diese Weise sollen sie so eng wie möglich an das Volk gebunden werden. Der Politikwissenschaftler und spätere Präsident James Madison schrieb 1788 in den "Federalist Papers" - einer Serie von Argumentationsschriften für die Verfassung - von dem Ziel einer "unmittelbaren Abhängigkeit".
Zudem befürchteten die Väter der Verfassung, dass diese Kammer mit dem Volk im Rücken im Laufe der Zeit immer mehr Einfluss gewinnen würde - eine Entwicklung, die Amerikaner beim britischen Unterhaus vollzogen sehen, das inzwischen den König und das Oberhaus entmachtet hat. Um diese Gefahr zu bannen, so die Überlegung, seien häufige Wahlen unabdingbar. Die zweijährige Legislaturperiode des Repräsentantenhauses war aber auch umstritten. Gegner des Verfassungsentwurfes forderten eine einjährige Wahlperiode, wie sie in den Parlamenten einiger Kolonien üblich war. Die Kritiker befürchteten, dass die Abgeordneten sonst zu unabhängig vom Volk werden könnten.
Senat sollte Kontinuität sichern
Befürworter der vergleichsweise langen, zweijährigen Periode verweisen dagegen auf die Einarbeitungszeit, die ein Abgeordneter benötigt, um sich mit Fachfragen vertraut zu machen. Damit setzten sie sich durch. Die Anreisezeit war auch ein Faktor, galt aber nicht als das größte Problem: Die USA bestanden damals aus den 13 ehemaligen Kolonien an der Ostküste und waren noch vergleichweise klein.
Im Senat steht dagegen alle zwei Jahre ein Drittel der 100 Abgeordneten zur Wahl, womit jeder Senator sechs Jahre dient. Sie sollten unabhängig von populären Strömungen in der Gesellschaft gemacht werden und die Kontinuität sicherstellen, die im Repräsentantenhaus fehlt. Dabei wurden diese Abgeordneten ursprünglich von ihren Bundesstaaten gestellt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Verfahren zunehmend als undemokratisch empfunden und als anfällig für Korruption angeprangert. Nachdem einige Bundesstaaten begannen, ihre beiden Senatssitze durch eine direkte Wahl zu vergeben, wurde diese Vorgehensweise 1913 für das ganze Land verbindlich eingeführt.
Insgesamt betrachtet sind damit die Amtszeiten in den USA gestaffelt: Ein Abgeordneter im Repräsentantenhaus dient zwei Jahre, der Präsident vier und ein Senator sechs. Nur die Wiederwahl des Staatsoberhaupts ist begrenzt. Da der Kongress in den USA nicht aufgelöst werden kann und Landes- und Kommunalwahlen parallel zu den Abstimmungen auf Bundesebene stattfinden, findet der Wahlkampf in den USA zwar alle zwei Jahre statt - aber auch nur dann.
Quelle: ntv.de, Scot W. Stevenson, rts