Drogenvorwürfe gegen Schill An den Haaren herbeigezogen?
11.02.2002, 12:41 UhrMit einer Haaranalyse will Hamburgs Innensenator Ronald Schill die Drogenvorwürfe gegen seine Person entkräften. Hierfür ließ er sich am Montag im Gerichtsmedizinischen Institut in München eine 16 Zentimeter lange Strähne abschneiden. Bei der Untersuchung war nach Angaben Schills auch ein Notar anwesend. Das Ergebnis des Tests soll in rund einer Woche vorliegen.
Mit der Haarprobe will Schill den Kokain-Gerüchten um seine Person ein Ende machen. In der NDR-Sendung "Panorama" hatte ein Mann erzählt, er habe unter anderem bei einer Feier zum Wahlerfolg der Schill-Partei am 23. September auf einem Ausflugsschiff beobachtet, wie sich der Senator "weißes Pulver" mit dem Finger auf das Zahnfleisch gerieben habe. Auch habe Schill das Pulver anderen Personen angeboten.
Schill hatte mehrfach versichert, er nehme keine Drogen. Gleichzeitig hatte er eine Verleumdungsklage gegen Personen angekündigt, die solche Behauptungen erheben. Nach der Abgabe der Haarprobe machte Schill dem NDR erneut schwere Vorwürfe. Gegen ihn werde eine "Schmutzkampagne nach dem Stasi-Handbuch" geführt, sagte Schill.
Gerüchte um Augenzeugen
Bei dem anonymen Augenzeugen handelt es sich laut "Bild"-Zeitung um einen 27-jährigen Parteigänger von Schill, der vor geraumer Zeit dessen Führungsstil kritisiert haben soll und daraufhin als "Gutmensch abgekanzelt" worden sei. Parteifreunde vermuteten deshalb hinter den Vorwürfen den "Racheakt eines Frustrierten".
"Panorama"-Redaktionsleiter Kuno Haberbusch erklärte, seine Redaktion habe die Glaubwürdigkeit des Zeugen überprüft und sei von dessen detailreicher Schilderung überzeugt gewesen.
Der Chef der Toxikologie beim Gerichtsmedizinischen Institut, Hans Sachs, erklärte in München, die Entnahme der Haarprobe dauere etwa zehn Minuten. Die reine Arbeitszeit der Untersuchung dauere drei Tage. Ein Ergebnis sei allerdings wegen der Arbeitsabläufe in seinem Institut frühestens in einer Woche zu erwarten. Das Resultat werde nur dem Auftraggeber des Tests übergeben werden.
Entzauberung in Hamburg
Das Grünen-Bundesvorstandsmitglied Undine Kurth hatte am Wochenende die Schill-Partei scharf attackiert. "Die Partei, wie ich sie erlebe, ist eine Ansammlung von verlogenen Selbstdarstellern und zelebriert ein einzigartiges Polittheater", sagte die im Grünen-Vorstand für Ostdeutschland zuständige Politikerin. Eine solche Partei fördere Politikverdrossenheit. Die Schill-Partei will nach ihrem Wahlerfolg in Hamburg bei den Landtagswahlen am 21. April in Sachsen-Anhalt und am 22. September in Mecklenburg-Vorpommern antreten.
Kurth kritisierte auch die praktische Politik der Schill-Partei: "In Hamburg bemüht sich Schill nicht mal ernsthaft, seine Versprechen einzulösen, und kürzt Sozialleistungen", meinte Kurth. In Sachsen-Anhalt seien die Parteivertreter ebenfalls in höchstem Maße zweifelhaft, sie seien ein "Sammelbecken von Enttäuschten".
Schill im Umfrage-Tief
Umfragen belegen längst einen massiven Einbruch der Schill-Partei in der Gunst der Wähler. Nur noch zwölf Prozent wollen Schill derzeit ihre Stimme geben. Die geplante Ausweitung in andere Bundesländer ist gefährdet. "Schill hat die Wahl mit dem Image des Saubermanns gewonnen. Wenn er jetzt den Ruf des Partylöwen nicht mehr los wird, ist das für ihn gefährlich", sagte der Politologe Michael Greven.
Ronald Schill ist heute ab 21.15 Uhr zu Gast in der n-tv Sendung "Der Grüne Salon" mit Erich Böhme und Heinz Eggert.
Quelle: ntv.de