CDU lehnt Tempolimit ab "An den Haaren herbeigezogen"
14.04.2011, 11:36 Uhr
Fast 40 Prozent der deutschen Autobahnkilometer sind mit einem Tempolimit belegt.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Für ein generelles Tempolimit müsse es eine gute Begründung geben, sagt der CDU-Verkehrsexperte Gero Storjohann. "Die sehe ich nicht." Zudem müssten Geschwindigkeitsbegrenzungen auch überwacht werden. Dazu seien die Bundesländer "derzeit bei weitem nicht in der Lage".
n-tv.de: Was sind die zentralen Gründe der Union gegen die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf der Autobahn?

Gero Storjohann ist Mitglied des Verkehrsausschusses des Bundestags.
(Foto: gero-storjohann.de)
Gero Storjohann: Wir haben in Deutschland generell Tempolimits auf Innerortsstraßen, auf Landstraßen und fast 40 Prozent der Autobahnstrecken sind mit einem Tempolimit belegt - sei es, dass es ein allgemeines Tempolimit ist oder aufgrund von Baustellen. Wir präferieren eine individuelle Regelung des Tempolimits je nach Gefährdungslage. Ein allgemeines Tempolimit halten wir nicht für angebracht, da die Unfälle in der Regel nicht bei Geschwindigkeiten über 130 km/h passieren, sondern in der Regel nicht angepasste Geschwindigkeit die Ursache ist.
Sehen Sie Argumente für ein generelles Tempolimit, die Sie für erwägenswert oder nachvollziehbar halten?
Wir haben uns im Koalitionsvertrag entschieden, dass wir ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen ablehnen, weil es dann auch überwacht werden muss. Dazu sind die Länder derzeit bei weitem nicht in der Lage. Wir plädieren daher für Verkehrsbeeinflussungsanlagen, die zu bestimmten Tageszeiten ein Tempolimit aussprechen, es zu verkehrsschwächeren Zeiten aber wieder aufheben. Für uns ist wichtig, dass ein Tempolimit auch beachtet wird. Bei Verkehrsbeeinflussungsanlagen stellen wir fest, dass es eine hohe Akzeptanz gibt.
Warum ist das Thema Tempolimit bei vielen so stark emotional besetzt?
Ich kann mir vorstellen, dass viele Autofahrer sagen, dass sie ab und zu mal schneller fahren wollen als die Richtgeschwindigkeit von 130, sei es 140 oder 150, und sich dieses Recht nicht nehmen lassen wollen. Das kann alles sein, aber das ist für uns kein Argument. Wir lassen uns leiten von der Verkehrssicherheit. Ich kann mich erinnern, dass schon das Waldsterben als Grund für ein Tempolimit angeführt wurde. Es gibt immer andere Gründe und es gibt auch immer andere Geschwindigkeiten, die in den entsprechenden Anträgen diskutiert werden. Wir haben eine hohe Abwicklung von Verkehrsleistung auf der Autobahn, aber signifikant wenig Unfälle. Es muss eine gute Begründung geben für Geschwindigkeitsbegrenzungen. Die sehe ich nicht. Für alle Lkw und Busse gibt es ein Tempolimit auf Autobahnen, nämlich 80 beziehungsweise 100 Stundenkilometer.
Können Sie sich vorstellen, dass die EU irgendwann Druck ausübt, dass Deutschland ein Tempolimit einführt? Immerhin haben alle anderen EU-Staaten eines.
Ich bin schon in vielen europäischen Ländern gefahren, wo es ein Tempolimit gibt und wo sich keiner daran hält. Ich habe schreckliche Szenen in Bulgarien gesehen, wo innerorts 100 gefahren wird, obwohl 50 vorgeschrieben ist. Auf Zypern gibt es Geschwindigkeitsbegrenzungen, aber jeder Autofahrer weiß, er kann 30 km/h drauflegen, weil die Radargeräte für geringere Geschwindigkeiten gar nicht scharf geschaltet sind. Die Vorschrift nutzt nichts, wenn sie nicht befolgt wird.
Das Umweltbundesamt hat ermittelt, dass ein Tempolimit von 120 zu einer Verminderung der CO2-Reduktionen um neun Prozent führen würde. Kann das ein stechendes Argument werden?
Zurzeit mache ich mir mehr Sorgen über Kohlekraftwerke als über wenige Fahrzeuge, die schneller als 120 oder 130 fahren. Allein aufgrund der Verkehrslage fährt man heute in Deutschland nur selten schneller. Insofern halte ich dies für an den Haaren herbeigezogen.
Mit Gero Storjohann sprach Hubertus Volmer
Quelle: ntv.de