Russland wählt Angst vor Anschlägen
01.03.2008, 21:30 UhrIn Russland hat die Wahl eines neuen Präsidenten begonnen. Im Fernen Osten des größten Flächenstaates der Welt mit seinen elf Zeitzonen öffneten die Wahllokale. Die letzten Wahllokale schließen am Sonntag um 19.00 Uhr MEZ im Raum Kaliningrad. Mit ersten Hochrechnungen ist kurz danach zu rechnen. Haushoher Favorit ist der vom scheidenden Präsidenten Wladimir Putin ausgewählte Vize-Ministerpräsident Dmitri Medwedew, der Umfragen zufolge mit mehr als 70 Prozent der Stimmen rechnen kann.
Putin, der vor vier Jahren rund 71 Prozent erreichte, darf nach zwei Amtszeiten nicht direkt wieder kandidieren. Er will unter Medwedew als Ministerpräsident arbeiten und dürfte weiter eine entscheidende Rolle in der russischen Politik spielen. Die Opposition, deren Vertreter zum Teil nicht zur Wahl zugelassen wurden, kritisierte massive Beeinträchtigungen im Kampf um die Stimmen der etwa 110 Millionen Wahlberechtigten.
Russische Medien berichteten, wie Angehörige der Streitkräfte in Einheiten unter Aufsicht zur vorzeitigen Stimmabgabe ausrückten. Im zentralrussischen Gebiet Tambow, 400 Kilometer südöstlich von Moskau, werde Patienten in Krankenhäusern mit sofortiger Entlassung gedroht, wenn sie nicht für Medwedew stimmen. Studenten müssten unter Aufsicht ihrer Lehrkräfte in der Universität abstimmen, um eine hundertprozentige Wahlbeteiligung zu erzielen. Angestellte von Staatskonzernen müssten Lohnkürzungen oder gar Entlassungen fürchten, sollten sie sich beim Wahlgang nicht konform verhalten.
Zuvor trafen die Behörden letzte Sicherheitsvorkehrungen für die Präsidentenwahl. Die Polizei werde vor Wahlbeginn alle 96.000 Wahllokale landesweit mit Spürhunden auf Sprengstoff untersuchen, berichtete die Moskauer Tageszeitung "Kommersant" unter Berufung auf einen Behördensprecher. Zum Schutz vor möglichen Anschlägen müssten die Bürger in vielen Großstädten die Wahllokale durch Metalldetektoren betreten.
Insgesamt sollen 450.000 Soldaten und Polizisten einen reibungslosen Verlauf der Wahl sicherstellen. Allein in der Hauptstadt Moskau werden 23.000 Sicherheitskräfte im Einsatz sein. Bei früheren Wahlen gab es in Russland ein ähnlich hohes Polizeiaufgebot.
Unklarheit besteht hingegen noch über die Höhe der Wahlbeteiligung. Putin rief daher noch einmal die Bürger des Landes zu einer regen Wahlbeteiligung bei der Abstimmung über seinen Nachfolger am Sonntag aufgerufen. "Jeder hat die Möglichkeit, bei der russischen Präsidentenwahl seine eigene, bewusste Entscheidung zu treffen", sagte Putin in einer Fernsehansprache.
Quelle: ntv.de