Opfer eines "unfairen Verfahrens" Ankara räumt Fehler bei Verhaftungen ein
01.08.2016, 16:28 Uhr
Präsident Erdogan besucht eine Spezialeinheit der Polizei - auch hier wurden Tausende Menschen verhaftet.
(Foto: AP)
Mehr als 18.000 Festnahmen gab es nach dem Putschversuch in der Türkei . Waren alle gerechtfertigt? Regierungsvertreter geben nun erstmals zu, dass es unschuldige Opfer geben könnte. Diese könnten sich aber "entspannen", heißt es.
Mehr als zwei Wochen nach dem gescheiterten Militärputsch haben türkische Regierungsvertreter erstmals mögliche "Fehler" bei der Entlassungs- und Verhaftungswelle gegen mutmaßliche Unterstützer des Umsturzversuches eingestanden. Einige der Verdächtigen seien "zweifellos" Opfer eines "unfairen Verfahrens" geworden, sagte Ministerpräsident Binali Yildirim laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die Behörden würden aber "zwischen Schuldigen und Unschuldigen unterscheiden".
Vize-Regierungschef Numan Kurtulmus sagte, wenn beim Vorgehen gegen die mutmaßlichen Gülen-Anhänger "Fehler" gemacht worden seien, "werden wir diese korrigieren". Alle Verdächtigen, die keine Gülen-Anhänger seien, könnten sich "entspannen". Ihnen werde "nichts Böses angetan". Tatsächliche Gülen-Anhänger müssten aber sehr wohl "Angst haben", fügte Kurtulmus hinzu. "Sie werden es teuer bezahlen."
Neue Haftbefehle gegen Journalisten
Die türkische Regierung macht den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen für den gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli verantwortlich. Sie geht seitdem mit aller Härte gegen mutmaßliche Gülen-Anhänger vor. Mehr als 18.000 Menschen wurden festgenommen. Unter ihnen sind neben Militärangehörigen auch Staatsbedienstete, Politiker, Wissenschaftler und Journalisten.
Das Vorgehen der türkischen Regierung auch gegen kritische Medien und die Justiz war international auf Kritik gestoßen. Gülen selbst bestreitet jede Verwicklung und hat den Putschversuch scharf verurteilt.
Insgesamt wurden 23 Journalisten verhaftet. Die Zeitung "Cumhuriyet" berichtete nun von sechs neuen Haftbefehlen. Bereits am Freitag hatte ein Gericht 17 Anträgen auf Untersuchungshaft stattgegeben. Nach Angaben des Türkei-Experten von Reporter ohne Grenzen, Erol Önderoglu, arbeiten die meisten der Journalisten für Medien, die der Gülen-Bewegung nahestehen. Unter den verhafteten Journalisten ist die prominente Regierungskritikerin Nazli Ilicak. Nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA sagte sie bei ihrer Vernehmung, sie habe keine Verbindung zu Gülen-Anhängern.
Quelle: ntv.de, mli/AFP