Scharon bei Bush Arafat kein Gesprächspartner
10.06.2002, 06:34 UhrIsraels Ministerpräsident Ariel Scharon hat in Washington seinen harten Kurs im Konflikt mit den Palästinensern bekräftigt. Nach einem Treffen mit US-Präsident George W. Bush im Weißen Haus verlangte Scharon ein vollständiges Ende der Gewalt und lehnte Palästinenser-Präsident Jassir Arafat als Partner politischer Gespräche ab.
Scharon nannte sein Gespräch mit Bush "sehr interessant und fruchtbar". Bush unterstützte Israels Militärstrategie gegen palästinensische Extremisten. "Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung", sagte er nach dem Treffen. Nach Bushs Auffassung ist die Zeit für eine Nahost-Friedenskonferenz noch nicht reif, da niemand bislang Vertrauen in die neu gebildete Palästinenser-Regierung habe.
Das bereits sechste Treffen des US-Präsidenten mit Scharon in diesem Jahr war Teil intensiver Konsultationen, die Bush zur Lösung des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern führt. Erst am Wochenende hatte Bush mit Ägyptens Präsident Husni Mubarak auf dem Landsitz Camp David konferiert.
Neuer israelischer Vorstoß
Überschattet wurde das Treffen in Washington vom erneuten Einmarsch starker israelischer Verbände in Ramallah im Westjordanland. Dabei wurde auch Arafats Hauptquartier wieder von Panzern umstellt.
Bei Gefechten zwischen den Soldaten und bewaffneten Palästinensern wurde mindestens ein Palästinenser getötet. Die Armee verhängte eine Ausgangssperre über weite Teile der Stadt und fahndete bei Haus-zu-Haus-Durchsuchungen nach mutmaßlichen Extremisten. 27 Personen wurden festgenommen. Verteidigungsminister Ben Elieser sagte, unter ihnen befinde sich auch ein Selbstmordattentäter, der "bereit war, losgeschickt zu werden".
Im Stadtzentrum besetzten Soldaten nach Angaben des israelischen Rundfunks ein Gebäude, in dem mehrere internationale Fernsehstationen ihre Büros haben. Den Mitarbeitern sei der Eintritt verwehrt worden, hieß es. Der palästinensische Rundfunk, dessen Büro nahe Arafats Hauptquartier liegt, stellte seine Sendungen ein.
Bei einer Explosion im palästinensischen Flüchtlingslager Dschebelija im Gazastreifen wurden unterdessen eine Frau getötet und mindestens 40 weitere Menschen verletzt. Nach ersten Ermittlungen war die Detonation durch drei militante Palästinenser versehentlich ausgelöst worden, die eine Bombe bauen wollten.
Kabinettssitzung verschoben
Wegen des erneuten israelischen Vorstoßes wurde die für Montag geplante erste Sitzung der neuen Palästinenser-Regierung in Ramallah abgesagt. Arafat hatte am Sonntag als ersten Schritt der angekündigten und oft angemahnten Reform der palästinensischen Autonomieregierung mehrere Schlüsselpositionen neu besetzt und das Kabinett von 31 auf 21 Posten verkleinert. Die Autonomiebehörde kündigte außerdem Präsidentschafts- und Parlamentswahlen für Januar 2003 an.
Israel lässt Gefangenen frei
Überraschend hat Israel am Montag einen vor 15 Jahren gefangen genommenen Kämpfer der libanesischen Hisbollah-Miliz freigelassen. Wie der israelische Rundfunk berichtete, will die Regierung in Jerusalem damit die Bedingungen für einen Austausch von Gefangenen zwischen Israel und der schiitischen Hisbollah-Miliz schaffen. Die Entlassung des Libanesen sei unter Vermittlung eines deutschen Unterhändlers vereinbart worden, hieß es in israelischen Berichten.
Bei dem Libanesen handelt es sich um den Hisbollah-Milizionär Mohammed Barsaui, der 1987 während eines Hisbollah-Angriffs gegen israelische Stellung in Süd-Libanon festgenommen worden war. Barsaui sei bei schlechter Gesundheit und wurde aus humanitären Gründen entlassen.
Quelle: ntv.de