Bush hängt die Messlatte höher Arafat soll gehen
25.06.2002, 07:38 UhrUS-Präsident George W. Bush hat den Palästinensern für die Bildung eines eigenen Staates harte, wenn nicht sogar unerfüllbare Bedingungen gestellt. In seiner wegen der jüngsten Selbstmordattentate verschobenen und mit Spannung erwarteten Nahost-Rede fordert Bush die Ablösung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat. Vor wenigen Wochen noch hatte Bush den Israelis, die Arafat wochenlang in Ramallah unter Hausarrest hielten, klargemacht, dass Arafat weiter der Gesprächspartner für die USA sei.
In der internationalen Gemeinschaft wurde die Rede Bushs zumeist kritisch aufgenommen. Die EU begrüßte sie zwar, schloss sich der Forderung nach Ablösung Arafats jedoch nicht an. Derzeit sei Arafat der legitime Präsident der Palästinenser, betonte der amtierende EU-Ratspräsident und spanische Außenminister Josep Pique. Auch Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte, es sei allein Aufgabe der Palästinenser, über ihre Regierung zu entscheiden. Beide begrüßten, dass sich Bush für die Schaffung eines Palästinenserstaates ausgesprochen hat und würdigten das angekündigte Engagement der USA bei diesem Prozess.
Auch UN-Generalsekretär Kofi Annan macht nach der Bush-Rede unmissverständlich klar: "Die Frage, wer das palästinensische Volk anführen soll, kann nur vom palästinensischen Volk selbst beantwortet werden." Arafat bleibe Regierungschef und die Palästinenser "werden in den bereits angekündigten Wahlen entscheiden, wer sie in Zukunft vertritt".
Nahost-Konferenz bei Bush unerwähnt
Eine unterschiedliche Position zwischen EU und USA zeichnete sich auch in der Frage einer internationalen Nahost-Konferenz ab, die Anfang des Jahres von der EU, der UNO, Russland und auch den USA vereinbart worden war. Der außenpolitische Koordinator der EU, Javier Solana, betonte jetzt die Dringlichkeit einer solchen Konferenz. Bush ging in seiner Rede mit keinem Wort auf die Konferenz ein, für die sich auch US-Außenminister Colin Powell eingesetzt hatte.
Palästinenser verärgert, Israel erfreut
Arafat selbst sagte zu der Forderung des US-Präsidenten: "Das wird mein Volk entscheiden. Es allein kann das bestimmen." Bush hatte Arafat nicht namentlich genannt, aber gefordert: "Zum Frieden ist eine neue und andere palästinensische Führung nötig, damit ein Palästinenser-Staat geschaffen werden kann." Arafat nahm dies auf und sagte, die Bemerkung Bushs sei nicht gegen ihn persönlich gerichtet. Bush habe von einem Palästinenser-Staat und Wahlen gesprochen, so Arafat, "und wir gehen davon aus, dass unser Staat mit den kommenden Wahlen demokratisch sein wird".
Die radikalen Palästinenserorganisationen Hamas und Islamischer Dschihad lehnten die Ansprache Bushs ab. Die Rede sei frustrierend, voreingenommen und drücke nur den israelischen Standpunkt aus, so ein hochrangiges Hamas-Mitglied in Gaza.
Israel begrüßte rückhaltlos, dass sich Bush den Positionen der Regierung Scharon angeschlossen habe, wonach mit Arafat kein Frieden möglich sei.
Bushs Forderungen an Israel
Von Israel forderte Bush, sich im Westjordanland auf die Positionen von vor zwei Jahren zurückzuziehen und den Bau jüdischer Siedlungen im Westjordanland und im Gazastreifen einzustellen. Letztlich müsse Israel einem Rückzug auf die Positionen zustimmen, die es vor dem Sechstagekrieg 1967 inne hatte, sagte Bush. Die Zukunft Jerusalems und das Schicksal der palästinensischen Flüchtlinge müssten angesprochen werden. Der US-Präsident nannte aber keine Lösungswege für diese Fragen, die mit zu den schwierigsten des Konflikts zählen.
Quelle: ntv.de