Schirrmacher bekennt: Ich war dabei Ärger um Ackermann-Party
25.08.2009, 07:17 Uhr
Die Grünen inszenieren vor dem Kanzleramt eine Ackermann-Sause.
(Foto: dpa)
"Partysause" für einen Top-Banker oder Meinungsaustausch beim Abendessen: Im Parteienstreit um ein Geburtstagsessen für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Kanzleramt schlagen SPD und Union schärfere Töne an. Das Essen ist an diesem Mittwoch Thema im Bundestags-Haushaltsausschuss.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fehlendes Gespür und eine "Grenzüberschreitung" vor. SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs verlangte wie Grüne und Linkspartei Aufklärung. Steffen Kampeter von der CDU nannte die Kritik von Opposition und SPD scheinheilig: "Die Beschreibung als Sause oder Party ist absurd."
Auch der Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim nannte den Abend "eine Lappalie". "Die Kanzlerin muss Kontakt mit Wirtschaftsführern haben", sagte der Verfassungsrechtler bei n-tv. "Sie muss die auch zum Essen einladen können."
Die Kritik entzündet sich daran, dass Ackermann im April 2008 selbst die etwa 30 Gäste zu dem Essen im Kanzleramt aus Anlass seines 60. Geburtstags geladen haben und dieses auf Steuerzahler-Kosten ausgerichtet worden sein soll. Berichten zufolge nahmen Manager aus Dax-Konzernen, Mittelstandsbetrieben, Vertreter aus Kultur und von Medien sowie Wissenschaftler teil. Das Kanzleramt hat die Vorwürfe zurückgewiesen und widerspricht der Darstellung, es habe sich um eine private Feier für Ackermann gehandelt. Teilnehmer der damaligen Runde wie der Präsident des Goethe-Instituts, Prof. Klaus- Dieter Lehmann, zeigten sich irritiert über die Vorwürfe.
Vier Stunden "ganz normales Essen"
Der Mit-Herausgeber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Frank Schirrmacher, bekannte, ebenfalls Teilnehmer des Abendessens gewesen zu sein. "Ich war auf Ackermanns Party", gesteht er mit ironischem Unterton.
Nach Angaben der "Rheinischen Post" kamen zu dem Essen unter anderem die Vorstandschefs Jürgen Hambrecht (BASF), Werner Wenning (Bayer) und Mathias Döpfner (Axel-Springer-Verlag), Siemens-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme, Trumpf-Manager Berthold Leibinger, Arend Oetker sowie Bankier Friedrich von Metzler. Teilgenommen hätten auch die Konzernerbin Maria-Elisabeth Schaeffler, Verlegerin Friede Springer, der Organisator des Lindauer Nobelpreisträgertreffens, Wolfgang Schürer, sowie der TV-Moderator Frank Elstner. Der Zeitung zufolge kamen auf politischer Seite Bundesbildungsministerin Annette Schavan und die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth (beide CDU) ins Kanzleramt. Vertreter anderer Parteien seien nicht dabei gewesen.
Goethe-Instituts-Präsident Lehmann sagte dem "Münchner Merkur": "Es war eine Einladung der Kanzlerin, keine Feier, auf der Reden auf das Geburtstagskind gehalten wurden." Er denke, es stehe einer Kanzlerin gut an, solche Ereignisse zu nutzen. "Es war ein ganz normales Abendessen im festlichen Rahmen, aber kein Essen, das mit soundso vielen Sternen versehen wurde." Der Deutschen Presse-Agentur zufolge dauerte das Essen etwa vier Stunden. Das zusätzliche Service-Personal habe gegen 23.15 Uhr das Kanzleramt verlassen.
"Ertragreiches Gespräch"
Lehmann, sagte, die Kanzlerin habe "ein sehr interessantes und ertragreiches Gespräch über gesellschaftspolitische Positionen zustande gebracht". Auch der frühere BDI-Präsidenten Hans-Olaf Henkel verteidigte solche Abendessen. "Wie oft war ich mit anderen Gewerkschaftsführern und Verbandsoberen bei Helmut Kohl und Gerhard Schröder! Und natürlich gab's da was zu essen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger".
Dienstwagen und Linklaters
Einen Monat vor der Wahl beleuchten die Haushaltsexperten von Koalition und Opposition an diesem Mittwoch neben dem Ackermann-Essen im Kanzleramt auch die sogenannte Dienstwagenaffäre von SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt sowie die umstrittene Einbindung der Anwaltskanzlei Linklaters durch CSU-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg beim Erarbeiten einer Banken-Gesetzesvorlage. Sowohl Schmidt als auch Guttenberg sollen vor dem Haushaltsausschuss aussagen.
Merkel hatte das Jubiläum von Deutschlands mächtigstem Banker zum Anlass genommen, Ende April 2008 ein Abendessen mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft auszurichten. Die Kosten seien aus Haushaltsmitteln des Kanzleramtes finanziert worden, die für derartige Zwecke zur Verfügung stehen, hatte ein Regierungssprecher betont. Ackermann hat im Februar Geburtstag.
Kanzleramt will Gästeliste veröffentlichen
Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Karl Heinz Däke, forderte die Veröffentlichung der Gästeliste. Nur so könne belegt werden, dass es sich um einen offiziellen Termin gehandelt habe, sagte Däke der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der Haushaltsausschuss befasst sich am Mittwoch mit dem Abendessen. Nach Informationen des "Münchner Merkur" will das Kanzleramt vorher die komplette Gästeliste veröffentlichen. Dafür müssten jedoch alle Teilnehmer ihr Einverständnis erklären.
Der CDU-Haushaltspolitiker Kampeter warf der SPD vor, von eigenen Versäumnissen ablenken zu wollen. Die Kritik an dem Essen sei "vordergründig und scheinheilig", erklärte er. Die SPD wolle mit ihren Attacken davon ablenken, dass im Haushaltsausschuss als erstes die umstrittene Dienstwagen-Nutzung von Bundesgesundheitsministerin Schmidt behandelt werde, sagte er.
"Distanzlosigkeit zwischen Merkel und Ackermann"
Die Abgeordnete der Linken, Gesine Lötzsch, die bereits im April eine Anfrage zu dem Abendessen gestellt hatte, kritisierte bei n-tv: "Das Kanzleramt ist keine Eventagentur." Offenbar gebe es eine "Distanzlosigkeit zwischen dem Chef der Deutschen Bank und Frau Merkel".
Die Deutsche Bank sei als einzige bedeutende Bank unbeschadet aus der Krise gekommen, so Lötzsch. "Da stellt sich mir die Frage: Wie groß ist die Nähe zur Regierung und welche Möglichkeiten hatte zum Beispiel Herr Ackermann, der Regierung direkt Gesetze in die Feder zu diktieren?"
Quelle: ntv.de, AFP/dpa