Erklärungsnot in Berlin Ärger um Geheimprotokolle
21.05.2001, 08:58 UhrAuswärtiges Amt und Kanzleramt in Berlin sind in Erklärungsnot geraten. Dabei geht es um ein vertrauliches Gesprächsprotokoll zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder und US-Präsident George W. Bush, das an die Öffentlichkeit gelangte.
Die Depesche hatte der deutsche Botschafter in den USA Jürgen Chrobog nach dem ersten Gespräch der beiden Politiker verschlüsselt und über einen sicheren Draht von Washington nach Berlin geschickt. Wie dieses hochvertrauliche Schreiben nun an den Anwalt der Nebenklage im "La-Belle"-Prozess, Andreas Schulz, und die Presse kommen konnte, sorgt für Kopfzerbrechen bei den Diplomaten im Auswärtigen Amt.
Mittlerweile geht es längst nicht mehr nur um die Passagen, die den libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi betreffen. Darin war angeblich eine Beteiligung Libyens am Anschlag auf die Berliner Diskothek "La Belle" vermerkt, was sich später als Falschmeldung erwies. Viel mehr Sorgen bereitet der Rest der Botschafterdepesche. Diese Details wären Gift für die bislang unbeschadete deutsche Außenpolitik. Die Frage lautet jetzt, wie jedes noch so kleine Detail des Gesprächs mit Bush an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Vermutet wird, dass dahinter eine Absicht steht, um das Ansehen des AA und damit auch das seines Chefs, Außenminister Joschka Fischer, zu beschädigen.
Am Wochenende meldete sich auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz zu Wort. Er möchte die Angelegenheit vor den Deutschen Bundestag bringen. Dort müssen dann Fischer zu den Zuständen in seiner Behörde und Schröder über die Arbeit seines Beraters Michael Steiner Stellung nehmen. Steiner hatten seinerzeit das Gespräch mit Gaddafi in Libyen geführt und darüber beim Besuch Schröders in Washington berichtet.
Quelle: ntv.de