Mindestens 30 Verletzte Attentat in Tel Aviv
19.01.2006, 15:47 UhrKnapp eine Woche vor der palästinensischen Parlamentswahl ist Israel am Donnerstag Ziel eines Selbstmordanschlags geworden. Der Täter sprengte sich in Tel Aviv in einem Schnellrestaurant einer gut besuchten Einkaufszone in die Luft. Nach Polizeiangaben wurden mindestens 30 Menschen verletzt, einer davon laut Sanitätern schwer. Zu dem Anschlag bekannte sich in einem Anruf bei der Nachrichtenagentur AP der Islamische Dschihad.
Bei dem Täter habe es sich um einen 22-Jährigen aus Nablus gehandelt. Augenzeugen zufolge betrat er den Schnellimbiss nahe dem alten Busbahnhof getarnt als Verkäufer von Rasierklingen. Der Polizeichef von Tel Aviv, David Tsur, sagte, es habe sich um einen Einzeltäter gehandelt. Sonst sei niemand getötet worden. Entgegen ersten Angaben erklärte die Polizei, der Sprengsatz sei nicht zu früh detoniert. Der Täter habe sich im Inneren des Lokals in die Luft gesprengt, die meisten Gäste hätten aber im Freien gesessen.
Ein Sprecher der israelischen Regierung sagte, die Tat sei ein weiteres Beispiel für die Weigerung der Palästinensischen Autonomiebehörde, Schritte zu unternehmen, Terroranschläge gegen Israel zu verhindern. Die Autonomiebehörde bleibe apathisch angesichts des Terrors, sagte Sprecher David Baker.
Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas bezeichnete den Anschlag als einen Sabotageakt gegen die bevorstehende Parlamentswahl. EU-Chefdiplomat Javier Solana rief Israelis und Palästinenser in Brüssel zur Besonnenheit auf. Der Anschlag dürfe keinen Einfluss auf die Wahl haben. Der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, verurteilte den Anschlag auf das Schärfste.
Seit Beginn einer Waffenruhe im vergangenen Februar war es der sechste Selbstmordanschlag in Israel, zu allen bekannte sich der Islamische Dschihad. Er beteiligt sich als einzige Gruppierung nicht an der Parlamentswahl am Mittwoch.
Der alte Busbahnhof in Tel Aviv war in den vergangenen fünf Jahren Ziel von drei Anschlägen. Im Januar 2003 wurden bei einem doppelten Selbstmordanschlag in der Gegend 23 Menschen getötet und rund 120 verletzt.
Knapp eine Woche vor der palästinensischen Wahl verstärkte Israel unterdessen den Druck auf die Hamas. Zur Durchsetzung des Wahlkampfverbots für die radikalislamische Bewegung in Ostjerusalem durchsuchten Polizisten am Donnerstag das Büro der Gruppe in der Stadt. Anschließend wurde es für 15 Tage geschlossen, um Aktivitäten der Hamas dort zu unterbinden. Israel hat der militanten Organisation, die am 25. Januar erstmals an Parlamentswahlen teilnimmt, eine Kampagne in der Stadt verboten.
Die Hamas und die Fatah von Präsident Abbas gelobten für den Wahltag einen Gewaltverzicht in den Autonomiegebieten. Beide Gruppierungen wollten zusammenarbeiten, um einen friedlichen Verlauf der Abstimmung sicherzustellen, hieß es in einer am Mittwochabend veröffentlichten gemeinsamen Erklärung. Darin bekannten sich die politischen Rivalen auch zur Zusammenarbeit nach der Wahl. Die künftige Partnerschaft sei zum Nutzen des palästinensischen Volkes, hieß es in der Erklärung. Darin wurde zugleich betont, dass am Wahltag keine Waffen getragen werden dürften.
Wegen illegalen Wahlkampfs in der Altstadt von Jerusalem wurde ein Berater von Abbas in Gewahrsam genommen. Wahlkampfmanager Siad Hindi sagte am Donnerstag, Ahmed Abdel Rahman habe nicht die von der israelischen Polizei geforderte Erlaubnis vorweisen können.
Die israelische Regierung wies die Sicherheitskräfte am Donnerstag zur Räumung von mehreren von jüdischen Siedlern besetzten Häusern in der Stadt Hebron im Westjordanlandland an. Die neue Außenministerin Zippi Livni sagte im israelischen Rundfunk, der Einsatz sei in Kürze geplant, den geeigneten Zeitpunkt sollten Polizei und Armee wählen. Livni, die zudem Justizministerin ist, sprach von einer Gruppe radikaler junger Siedler in Hebron, die die Autorität des Staates Israel in Frage stellten. Der israelische Generalstabschef Dan Haluz hatte bereits zuvor kritisiert, Israel gehe zu nachsichtig gegen radikale Siedler vor.
Israelische Medien berichteten am Donnerstag, bei der Räumung der Gebäude auf dem Markt in Hebron sowie eines Siedlungsaußenpostens nördlich von Ramallah sollten mehrere tausend Mann an Sicherheitskräften eingesetzt werden. Dabei werde heftiger Widerstand der Siedler befürchtet.
In den vergangenen Tagen hatten radikale jüdische Siedler in Hebron aus Protest gegen die geplante Räumung Soldaten und Palästinenser angegriffen. Gegen 19 Demonstranten, die dabei festgenommen wurden, soll nun Anklage erhoben werden. Die Armee erklärte die Stadt nach den schweren Ausschreitungen zum militärischen Sperrgebiet; diese Maßnahme wurde jedoch am Donnerstag wieder aufgehoben. In Hebron leben 500 jüdische Siedler in einer schwer bewachten Enklave inmitten von etwa 160.000 Palästinensern.
Quelle: ntv.de