Politik

Einsatz in Afghanistan Auf Anschlag folgt Debatte

Nach dem Anschlag auf die Bundeswehr in Kundus wächst in Deutschland die Skepsis über den Afghanistan-Einsatz. "Wir sind seit längerer Zeit der Meinung, dass wir die Gesamtstrategie ändern müssen", sagte Grünen-Chef Reinhard Bütikofer bei n-tv.

Die Debatte über den Einsatz in Afghanistan sei "absolut notwendig". Der Akzent müsse "wesentlich stärker auf den zivilen Aufbau gelegt werden, damit im Bereich Polizei, im Bereich Justiz, bei der Infrastruktur, bei den Schulen, die Erträge dieses nationalen Aufbauwerkes in Afghanistan deutlicher werden".

Die SPD betonte die zivile Seite des militärischen Engagements in Afghanistan. "Uns ist immer wichtig gewesen, dass man einen militärischen Schutz hat, aber auch zivilen Aufbau, politische Lösungen für Afghanistan", sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil bei n-tv. "Wir dürfen aber auch die Menschen in Afghanistan nicht allein lassen."

Zweifel vor allem an OEF

Der Bundeswehrverband forderte eine "größere Diskussion" darüber, "ob dieser Einsatz in dieser Art noch sinnhaftig ist oder ob nicht die Gesamtstrategie für Afghanistan" geändert werden muss. "Wir wollen in Afghanistan die Herzen der Menschen gewinnen, wir wollen auf sie zugehen", sagte Verbandssprecher Winfried Stolze. "Das ist viel wichtiger, als aus der Luft anonym zu bombardieren. Das ist die falsche Taktik und da sollte man noch mal drüber nachdenken, ob man so weiterfahren muss."

Die Diskussion über die Ziele der "Operation Enduring Freedom" (OEF) sei berechtigt, sagte auch der SPD-Außenpolitiker Niels Annen. Den Einsatz der NATO-Friedenstruppe ISAF dagegen, an der Deutschland mit knapp 3.200 Soldaten beteiligt ist, stellte er nicht in Frage. Der Kampfeinsatz OEF wird von den USA geleitet.

Der SPD-Abgeordnete Ottmar Schreiner forderte dagegen, den gesamten Auftrag "auf den Prüfstand" zu stellen. Der "Bild"-Zeitung sagte er: "Meine Zweifel am Sinn der Mission sind eher gewachsen. Ich sehe keine tragfähige Zukunftsperspektive im zivilen Bereich, wodurch weitere militärische Interventionen gerechtfertigt werden können."

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) erklärte indes, dass an dem Einsatz festgehalten werde. "Wir dürfen uns durch derartige perfide Morde nicht von unserem Ziel abbringen lassen, Afghanistan zu stabilisieren und zu einer friedlichen Entwicklung zu kommen", sagte Jung im Deutschlandfunk. Ein plötzlicher Rückzug würde laut Jung einen Rückschritt in der Terrorbekämpfung bedeuten und "auch unsere Sicherheit gefährden".

Verletzte außer Lebensgefahr

Die zwei bei dem Selbstmordanschlag in Afghanistan schwer verletzten deutschen Soldaten sind außer Lebensgefahr. "Die Soldaten sind stabil und der Zustand ist nicht lebensbedrohlich", sagte der Presseoffizier des Bundeswehrzentralkrankenhauses in Koblenz, Bernhard Dostert. Sie müssten aber noch längere Zeit in dem Krankenhaus behandelt werden. Zu den Verletzungen und dazu, ob die Soldaten in ein künstliches Koma versetzt wurden, wollte der Presseoffizier keine Angaben machen.

Zwei bei dem Anschlag leicht verletzte deutsche Soldaten hatten am Montagmorgen das Bundeswehrzentralkrankenhaus bereits wieder verlassen. Die Verletzten waren in der Nacht zum Montag ins größte Militärhospital der Bundeswehr nach Koblenz gebracht worden.

Bei dem Anschlag der radikal-islamischen Taliban in Kundus im Norden Afghanistans waren am Samstag drei Bundeswehrsoldaten und fünf afghanische Zivilisten getötet worden. Fünf weitere Bundeswehrsoldaten wurden verletzt. Vier von ihnen wurden nach Deutschland geflogen. Der fünfte blieb in Afghanistan, da er dort behandelt werden konnte.

25 Taliban-Kämpfer getötet

Bei schweren Gefechten in der südafghanischen Provinz Helmand sind nach offiziellen Angaben mindestens 25 Kämpfer der radikal-islamischen Taliban getötet worden. Unter den Toten sei auch ein regionaler Kommandeur der Rebellen, Mullah Junus, teilte das afghanische Verteidigungsministerium in Kabul mit. Zu den 14-stündigen Gefechten im umkämpften Distrikt Sangin sei es am Sonntag gekommen, nachdem eine gemeinsame Patrouille der US-geführten Koalitionstruppen und der afghanischen Armee angegriffen worden seien. Die Bodentruppen seien aus der Luft unterstützt worden.

Die Koalition bestätigte, dass es zu schweren Gefechten gekommen sei. Die zunächst angreifenden Taliban seien von etwa 50 Aufständischen verstärkt worden. Mehrere "Feinde" seien getötet worden. Eine genaue Anzahl der getöteten Rebellen nannte die Koalition nicht. Zu möglichen Opfern auf Seiten der Soldaten machten weder sie noch das Ministerium Angaben. In den vergangenen Tagen sind zahlreiche Taliban bei Kämpfen ums Leben gekommen. Die Rebellen verübten ihrerseits eine Reihe schwerer Selbstmordanschläge.

Quelle: ntv.de

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