Predigten zu Karfreitag Aufruf zu Frieden weltweit
21.03.2008, 17:40 UhrKatholische und evangelische Geistliche haben zum Eintreten gegen Unrecht und Krieg aufgerufen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Berliner Bischof Wolfgang Huber, prangerte in seiner Karfreitagspredigt die Verfolgung von Christen im Irak an. "Der geplante Siegeszug der Freiheit wurde zu einem leidvollen Kreuzweg", sagte Huber in der Berliner Marienkirche, die fast bis auf den letzten Platz gefüllt war.
Christliche Iraker würden heute von Islamisten verfolgt. Im April 2003 hätten rund 1,5 Millionen Christen im Irak gelebt, von denen inzwischen etwa die Hälfte das Land verlassen habe. "Es ist auf beklemmende Weise grotesk, dass sie unter der Herrschaft des Diktators Saddam Hussein besser lebten als unter dem Protektorat der amerikanischen Schutzmacht", erklärte der Bischof.
Christen verlassen den Irak
Inzwischen habe etwa die Hälfte der irakischen Christen das Land verlassen - "die Hoffnung, dass sie jemals zurückkehren werden, gleicht einem verlöschenden Docht", erklärte Huber. "Was ihnen widerfährt, gleicht ethnischen Säuberungen und Völkermorden an anderen Orten, denen die Weltöffentlichkeit auch schon tatenlos und wortlos zugesehen hat."
Der Münchner Erzbischof Reinhard sagte in der Liturgie im Münchner Liebfrauendom: "Es gibt eine umfassende Gerechtigkeit, die Ausbeuter und Gewalttäter werden nicht das letzte Wort behalten". Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief Gläubige zum Protest gegen alle Formen menschlichen Unrechts auf.
"Der Karfreitag ist ein Appell an uns Christen, mit dem Gott die Menschen zum Protest anstacheln will", sagte Schick im Bamberger Dom. Wenn er die Welt betrachte, sehe er Gott in Jesus in vielerlei Hinsicht leiden: "Er leidet in seinem Geburtsland in Israel und Palästina. Der unselige Krieg im Irak ist von Anfang an ein Fehler gewesen und hat nichts Gutes, sondern nur Böses bewirkt", betonte Schick. "Jesus leidet auch in Tibet und fordert Frieden und Freiheit für dieses Volk." Mit Blick auf die Krisenherde der Welt verlangte Schick Friedensstrategien statt Kriegspläne. Mehr als 1000 Gläubige aus zahlreichen Ländern bekundeten bei der Münchner Karfreitags-Prozession ihre Solidarität mit den bedrängten Christen im Irak.
Ältester deutscher Kreuzweg
In Lübeck haben fast 700 Christen am ältesten Kreuzweg Deutschlands teilgenommen. An den fünf Stationen wurde nach Angaben des Erzbistums Hamburg darauf hingewiesen, dass das Kreuz für die Christen Zentrum und Grundlage aller Werte in Kirche und Gesellschaft ist. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen sagte, der Kreuzweg sei Ausdruck für das Mitleiden, Mithoffen und Mitglauben. Der Kreuzweg wurde 1493 auf Wunsch des Kaufmanns Hinrich Konstin angelegt und gilt als der älteste in Deutschland. 1994 wurde die Tradition wiederbelebt. Seit 2002 gehen katholische und evangelische Christen den Kreuzweg gemeinsam.
Christen gezielt verfolgt
Wie Bischof Huber weiter sagte, werden Christen im Irak gezielt verfolgt, "da sie häufig als Bedrohung für den islamischen Charakter des Landes oder als Unterstützer der US-geführten Invasion und der gegenwärtigen irakischen Regierung dargestellt werden." Die Täter dieser Gewalttaten seien "nicht-staatliche Akteure - Mitglieder krimineller Banden oder paramilitärischer Strukturen". Die staatlichen Autoritäten seien entweder nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz zu gewähren.
Huber erinnerte auch daran, dass die Nachbarländer Syrien und Jordanien eine gewaltige Zahl von Flüchtlingen aufgenommen hätten. "Auf ihnen liegt eine von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommene Last." Sollte sich die Lage nicht ändern, "müssen auch unsere Staaten zu unmittelbarem Beistand bereit sein und einen Teil der Flüchtlinge aufnehmen."
"Gekreuzigte unserer Tage"
"Heute, am Karfreitag, erinnern wir uns an diese Gekreuzigten unserer Tage", sagte Huber weiter. "Der Irakkrieg, vor fünf Jahren begonnen, erscheint uns heute wie eine globale Sackgasse." Huber kritisierte in seiner Predigt die Volksrepublik China. Obwohl sie im UN-Sicherheitsrat gegen den Krieg gestimmt habe, finanziere sie diesen Krieg zu einem erheblichen Teil mit ihren gewaltigen Dollarreserven. "Das Leiden im Irak gerät in Entsprechung zum Leiden der Tibeter", sagte Huber.
Am Karfreitag gedenken Christen der Kreuzigung Jesu, am Ostersonntag wird die Auferstehung gefeiert.
Quelle: ntv.de