Westerwelle und die Rockzipfel Ausschließeritis in der FDP
14.05.2009, 19:31 UhrMit einem betont eigenständigen Wahlkampf will sich die FDP für eine Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl im September profilieren. "Wir werden keinen Lagerwahlkampf führen, sondern einen Wahlkampf für eine starke FDP", sagte Parteichef Guido Westerwelle am Vorabend des FDP-Parteitags in Hannover.
Bis Sonntag wollen die 662 FDP-Delegierten ihr Wahlprogramm beschließen. Über die Koalitionsfrage soll endgültig erst kurz vor der Bundestagswahl entschieden werden. Die FDP wählt auch ihre Führung für die nächsten zwei Jahre. Westerwelle, der seit acht Jahren im Amt ist, kandidiert erneut. Auch bei den anderen führenden Positionen werden keine Überraschungen erwartet.
Westerwelle bekräftigte seine Präferenz für ein Bündnis mit der Union, distanzierte sich aber zugleich von den Regierungsparteien. Die FDP wolle eine Kurskorrektur in der Steuererhöhungs- und Schuldenpolitik erreichen, für die SPD und Union zusammen verantwortlich seien. Mit der Union gebe es aber "immer noch die größten Schnittmengen", betonte Westerwelle.
Tür ist nicht zu
In Umfragen liegen Union und FDP seit Monaten knapp vorne. Wegen des unsicheren Wahlausgangs gibt es aber in allen Parteien mehr oder weniger heftige Koalitionsdebatten. Der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering sieht in Westerwelles Nein zu einer Ampelkoalition keine endgültige Absage. "Er hat eine Priorität, die lautet: Schwarz-Gelb. Aber er hat die Tür nicht wirklich zugemacht, sondern nur angelehnt", sagte Müntefering dem Bonner "General-Anzeiger".
Die "Steuern runter"-Partei
Westerwelle sagte dazu in Hannover, die Wahlprogramme von SPD und Grünen passten nicht zur FDP. "Das müssen wir - auch mit Bedauern - zur Kenntnis nehmen." Die FDP wolle eine linke Bundesregierung verhindern.
Zentrale Forderung der FDP im Wahlprogramm ist ein neues Steuersystem mit niedrigeren und einfacheren Steuersätzen. Hauptbotschaft des Parteitags wird nach Worten von Westerwelle die Unterstützung der Mittelschicht in Deutschland sein. "Die Mittelschicht muss entlastet werden - Arbeit muss sich wieder lohnen", sagte der FDP-Chef in Hannover. "Alle anderen Parteien haben die Mittelschicht vergessen. Wir sind der Anwalt der Mittelschicht."
"Liberal aber nicht blöd"
Der Parteichef sagte dem "Hamburger Abendblatt": "Von der Union wissen wir nur, dass sie regieren will – nicht wozu und nicht mit wem." Zu der Zurückhaltung der CDU in der Koalitionsfrage sagte Westerwelle: "Liberal sind wir schon, aber blöd sind wir nicht. Wir kämpfen für eine starke FDP und rennen keinem Rockschoß hinterher."
Kritik an der Ausschließeritis
Der Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale (Julis), Johannes Vogel, kritisierte Westerwelles Absage an eine Ampel mit SPD und Grünen. Er sagte der "Berliner Zeitung": "Wir sollten keine Koalition ausschließen und einen Lagerwahlkampf vermeiden." Es reiche zu sagen, mit wem die Liberalen am liebsten regieren wollen.
Auch Niedersachsens FDP-Chef und Wirtschaftsminister Philipp Rösler schloss einen Lagerwahlkampf gemeinsam mit der CDU gegen SPD, Grüne und Linke aus. "Wir sind mit der Union ja nicht immer einer Meinung. Im Gegenteil", sagte Rösler dem Bremer "Weser Kurier". Eine andere Koalition als mit der CDU komme derzeit allerdings nicht in Betracht.
FDP-Vize Rainer Brüderle rief seine Partei in der "Leipziger Volkszeitung" dazu auf, sich auf "das Wichtigste" zu konzentrieren - und das sei, "Schwarz-Rot zu beenden und Deutschland mit einem liberalen Regierungsprogramm wieder nach vorn zu bringen und den Aufschwung herbeizuführen".
Quelle: ntv.de, dpa / rts