"Infame Taliban-Propaganda" Auswärtiges Amt hat Zweifel
24.07.2007, 14:09 UhrIm Auswärtigen Amt gibt es offenbar erhebliche Zweifel daran, dass sich der vor einer Woche in Afghanistan entführte deutsche Bauingenieur tatsächlich in der Hand der Taliban befindet.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Jäger, bezeichnete wiederholte Äußerungen "so genannter Sprechern der Taliban" als "infame Propaganda". Der Mann befindet sich seit vergangenem Mittwoch in der Gewalt seiner Kidnapper.
Nach ARD-Informationen soll es dem Entführten "den Umständen entsprechend gut" gehen. Es gebe regelmäßig Kontakt zu dem Entführten. Am siebten Tag der Geiselnahme werde er nach mehreren Fußmärschen offenbar schwächer. Den Behörden sei der Aufenthaltsort der Geiseln bekannt.
Die Taliban behaupteten dagegen, der Deutsche sei schwer zuckerkrank und ohne medizinische Versorgung.
Tornados im Einsatz
Im Verteidigungsministerium wurden auch Informationen bestätigt, dass Bundeswehr-Tornados zur Lokalisierung der Geiselgruppe mit dem deutschen Bauingenieur halfen. Afghanische Sicherheitskräfte seien in dem Gebiet, griffen aber nicht ein. Die Verhandlungen seien zäh und schwierig. Konkrete Forderungen der Entführer gebe es noch nicht.
Am Mittwoch soll der Leichnam der zweiten Geisel - eines 44 Jahre alten Bauingenieurs - nach Deutschland überführt und einen Tag später in Köln obduziert werden. In das Geiseldrama um 23 entführte Südkoreaner kam unterdessen Bewegung.
Alles Denkbare, alles Verantwortbare
Bundeskanzlerin Angela Merkel versicherte, der Krisenstab unternehme weiter alles, um die Geisel frei zu bekommen. Nach einem Treffen mit dem UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Tom Koenigs, sagte sie, es werde alles Denkbare in Bewegung gesetzt, um Hilfe zu leisten. Die Bundesregierung unternehme "alles Verantwortbare", um die zweite deutsche Geisel zu retten.
Merkel bekräftigte das Engagement Deutschlands in Afghanistan. In dem Land müsse die Strategie fortgesetzt werden, militärische Sicherung und Polizeiaufbau so eng wie möglich zu verzahnen. In den Anstrengungen dürfe nicht nachgelassen werden, sagte die Kanzlerin. Koenigs sagte, es sei in Afghanistan ganz entscheidend, dass die internationale Staatengemeinschaft und vor allem ein starker und wichtiger Partner wie Deutschland "energisch Kurs" hielten. "Darauf kommt es im Augenblick mehr an denn je."
Im Fall der südkoreanischen Geiseln äußerten sich sowohl afghanische Vermittler als auch Vertreter der radikal-islamischen Taliban zuversichtlich, eine baldige Lösung zu finden. Die Verhandlungen mit den Taliban über eine Freilassung der 23 Geiseln seien am Dienstag "gut verlaufen", sagte der afghanische Abgeordnete Khawaja Mohammed Sedeqi der Deutschen Presse-Agentur.
Quelle: ntv.de