Politik

Ausbildung in Libyen BND weiß von nix

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat jede Verwicklung in die Affäre um die Ausbildungseinsätze deutscher Polizisten in Libyen dementiert. "Der BND hat weder Ausbildungshilfe geleistet noch war er beratend oder begleitend eingebunden", sagte ein Sprecher des Geheimdienstes in Berlin. Der BND habe von dem Engagement einer privaten Sicherheitsfirma nichts gewusst. Damit widersprach der BND einem Bericht der "Berliner Zeitung", wonach er die privaten Lehrgänge für libysche Sicherheitskräfte zwischen 2005 und 2007 begleitet habe.

Trotz des eindeutigen Dementis werden die Vorwürfe in Kürze schon den Bundestag beschäftigen. Mehrere Abgeordnete verlangten über die Parteigrenzen hinweg die Einschaltung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG), das für die Kontrolle der Geheimdienste zuständig ist. "Allein bei Erwähnung des Namens Libyen müssen beim BND alle roten Lampen angehen", sagte CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) der "Bild am Sonntag". Der FDP-Abgeordnete Max Stadler sprach in der "Welt am Sonntag" von "erheblichem Fragebedarf". Grünen-Chefin Claudia Roth sprach bei einem kleinen Parteitag in Berlin von einem "unglaublichen Aufklärungsbedarf". Eine bessere Kontrolle der Sicherheitsstrukturen in Deutschland sei überfällig. Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, mehr Aufklärung scheine auch Aufgabe der Regierung zu sein.

Ein Sprecher der Bundesregierung sagte eine genaue Prüfung des Sachverhalts zu. Insgesamt sollen gut 30 deutsche Polizisten, ein Soldat und Spezialisten mit GSG-9-Hintergrund auf eigene Rechnung Polizeikräfte in Libyen ausgebildet haben. Zu einem Bericht des Magazins "Der Spiegel", wonach auch die deutsche Botschaft in Tripolis darüber Bescheid wusste, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes: "Wir prüfen den Vorgang. Wir haben bisher aber keinerlei Anzeichen, dass das stimmt."

Nach Informationen der "Berliner Zeitung" wurde die Ausbildungs-Kooperation mit Tripolis nach einem Besuch des damaligen Kanzlers Gerhard Schröder (SPD) beim libyschen Revolutionsführer Muammar al- Gaddafi im Oktober 2004 vereinbart. Der BND habe damals aber darauf bestanden, im Hintergrund zu bleiben und sich nicht mit eigenen Kräften zu beteiligen. Vermutlich habe Pullach einen Skandal wie 1995 vermeiden wollen, als bekannt wurde, dass sich der BND Ende der siebziger Jahre illegal an der Ausbildung von Offizieren und Soldaten in Libyen beteiligt habe.

Dem "Spiegel" zufolge berichteten die Ausbilder damals in mehreren Gesprächen auch Angehörigen der Botschaft detailliert über den Stand der Lehrgänge. Das Ausbildungsprogramm für etwa 120 libysche Polizisten fand demnach hauptsächlich in einer Kaserne in Tripolis statt. Dazu habe neben Fahrtraining auch das "Taktische Vorgehen beim Zugriff in Gebäuden" sowie das Entern von Schiffen und das Absetzen aus Hubschraubern gehört.



Staatsanwälte ermitteln

"Wir werden jeden Hinweis umgehend sorgfältig prüfen", sagte der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, Johannes Mocken. Von einer möglichen Mitwisserschaft des Bundesnachrichtendienstes oder der deutschen Botschaft an den Lehrgängen sei bisher nichts bekannt. "Wir können das aber auch nicht ausschließen", sagte Mocken.

Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen gegen einen Beamten, der früher in einer Spezialeinheit eingesetzt war. In Nordrhein-Westfalen wurden zudem nach Angaben von Innenminister Ingo Wolf (FDP) gegen acht Polizisten Disziplinarverfahren eingeleitet. Auch ein inzwischen vom Dienst suspendierter Hauptfeldwebel der Feldjäger unterstützte nach Angaben des Verteidigungsministeriums in seinem Urlaub die nicht genehmigten Einsätze.

Dienstgeheimnisse und Nebentätigkeiten

Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" hat sich bei sieben der acht Männer der Verdacht, sie hätten Dienstgeheimnisse verraten, nicht bestätigt. Juristisch könnte die Nebentätigkeit aber zumindest für einen Beamten Folgen haben. Die zentrale Frage für die Düsseldorfer Ermittler sei, ob der 48-jährige Mann tatsächlich Dienstgeheimnisse weitergegeben hat. "Wir prüfen nun, ob er nur ein paar Klimmzüge angeordnet hat oder Dinge vermittelt hat, die er ausschließlich bei seiner Ausbildung gelernt haben kann", sagte der Staatsanwalt Mathias Proyer der Zeitung.

Kein Einzelfall

Nach Angaben von Otfried Nassauer vom Berliner Informationszentrum für transatlantische Sicherheit handelt es sich nicht um einen Einzelfall. "So mancher Pensionär der Bundeswehr oder der Spezialeinsatzkräfte hat private Sicherheitsdienstleistungen im In- und Ausland für sich als lukrative Geldquelle entdeckt", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Als frühes Beispiel nannte er Ulrich Wegener, den ersten Chef der Sondereinheit GSG 9 des damaligen Bundesgrenzschutzes. Dieser habe nach seiner Dienstzeit bei der GSG 9 zum Beispiel Sicherheitskräfte für das saudische Königshaus ausgebildet.

Quelle: ntv.de

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