Nach Tiergarten-Mordurteil Baerbock: Russische Diplomaten zu "unerwünschten Personen" erklärt
15.12.2021, 16:39 UhrAls Reaktion auf das Tiergartenmord-Urteil weist Berlin zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft aus Deutschland aus: Außenministerin Baerbock verurteilt "diesen Mord in staatlichem Auftrag". Die Beziehung mit Russland sei nun schwer belastet. Der russische Botschafter droht seinerseits mit Konsequenzen.
Nach dem Berliner Mordurteil gegen einen Russen erklärt die Bundesregierung zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft zu "unerwünschten Personen". Das sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew bei einem Gespräch im Auswärtigen Amt erklärt worden, sagte Außenministerin Annalena Baerbock in Berlin. Das kommt einer Ausweisung der Diplomaten gleich.
Baerbock sieht die Beziehungen zu Russland nach dem Urteil schwer belastet. "Dieser Mord in staatlichem Auftrag ... stellt eine schwerwiegende Verletzung deutschen Rechts und der Souveränität der Bundesrepublik Deutschlands dar", sagte sie. Sie habe bereits am Dienstag - vor dem Urteil - mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow telefoniert und bekräftigt, dass sie einen offenen und ehrlichen Austausch mit Russland wolle.
"Dies muss auf dem Boden des Völkerrechts und des gegenseitigen Respekts stattfinden", betonte die Grünen-Politikerin. Es sei klar, dass Handlungen wie der Mord im Tiergarten diesen Austausch erschwerten. "Die Bundesregierung wird alles tun, was nötig ist, um die Sicherheit in unserem Land und den Respekt vor unserer Rechtsordnung zu gewährleisten."
Das Berliner Kammergericht hatte zuvor einen 56-jährigen Russen zu lebenslanger Haft wegen Mordes an einem Georgier tschetschenischer Abstammung verurteilt. Die Staatsschutzkammer sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte im August 2019 im Auftrag staatlicher russischer Stellen handelte, als er sein Opfer mitten in einer Berliner Parkanlage erschoss. Das Gericht folgte damit der Argumentation der Bundesanwaltschaft.
Russischer Botschafter: Urteil nicht objektiv
Zuvor hatte auch der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, eine Reaktion auf das Mordurteil angekündigt. Einzelheiten nannte er aber nicht. "Es handelt sich dabei um einen offensichtlich unfreundlichen Akt, der nicht unerwidert bleibt", erklärte er. "Auch der Zeitpunkt der Urteilsverkündung wird nicht von ungefähr ausgesucht sein. Offenbar hat jemand ein Interesse daran, dass der Dialog zwischen Russland und der neuen Bundesregierung von Beginn an dadurch überschattet wird."
Das Urteil sei "nicht objektiv, politisch motiviert und für das ohnedies schwierige deutsch-russische Verhältnis gravierend belastend", kritisierte der Botschafter. Den Vorwurf, dass die Russische Föderation an der Tat beteiligt gewesen sein soll, bezeichnete er als "absurd". Er kritisierte unter anderem, dass Recherchen der Internetplattformen Bellingcat und Insider und "sonstige unbegründete Mutmaßungen" als Beweise zugelassen worden seien und zweifelte eine Zeugenaussage an. Russland hatte eine Beteiligung staatlicher Stellen stets bestritten. Allerdings hatte Präsident Wladimir Putin den getöteten Georgier vor zwei Jahren als einen "Banditen" und "Mörder" bezeichnet, dessen Auslieferung Moskau von den deutschen Behörden immer wieder erfolglos verlangt habe.
"Dieser Mensch wurde bei uns gesucht, ein sehr brutaler und blutrünstiger Mensch. Bei nur einer Aktion, an der er beteiligt war, wurden von ihm 98 Menschen getötet. Und er war einer der Organisatoren der Explosionen in der Moskauer Metro", sagte Putin im Dezember 2019 bei einer Pressekonferenz. Der Georgier habe an der Seite von Separatisten im Kaukasus gekämpft.
Deutschland hatte bereits nach den ersten Ermittlungsergebnissen des Generalbundesanwalts zu dem Fall zwei russische Botschaftsmitarbeiter ausgewiesen. Damals hatte Russland mit der Ausweisung zweier deutscher Diplomaten reagiert.
Quelle: ntv.de, ysc/dpa/rts