Politik

Minister taucht ab Bahn greift Tiefensee an

Der Bahn-Vorstand hat Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee wegen dessen Vorgehen gegen Sonderprämien beim geplanten Bahn-Börsengang kritisiert. Man sei über die Äußerungen des SPD-Politikers "enttäuscht und verwundert", heißt es in einer in Berlin veröffentlichten Erklärung des Vorstands. Der Minister habe "trotz einiger Gespräche in den letzten Wochen, auch unter vier Augen, dieses Thema gegenüber dem DB-Vorstand zu keinem Zeitpunkt angesprochen". Der Vorstand gehe davon aus, "dass Vergütungsangelegenheiten nicht in der Öffentlichkeit, sondern im dafür aktienrechtlich zuständigen Aufsichtsrat zu besprechen und zu regeln sind".

Bislang hatte sich der DB-Vorstand nicht öffentlich zu dem Appell von Tiefensee geäußert, auf die Sonderzahlungen zu verzichten. Diesen Aufruf hat Tiefensee zuletzt am Wochenende wiederholt, bislang erfolglos.

Verkehrsausschuss hört Tiefensee

Am Mittwoch will der Verkehrsausschuss des Bundestages die Vorgänge unter die Lupe nehmen. Ausschussvorsitzender Klaus Lippold (CDU) kündigte für die Sondersitzung an, es gehe um die Fragen, "wann und wer" etwas von den Boni gewusst habe und wie Abstimmungen und Entscheidungen zur Bahn im Ministerium fallen würden.

Tiefensee sieht sich wegen des Themas Rücktrittsforderungen ausgesetzt. Sein Ministerium hatte vor wenigen Tagen zunächst durchblicken lassen, der Minister habe seit etwa Mitte Oktober von den Bonus-Regeln gewusst. Vergangene Woche dann hatte ein Sprecher eingeräumt, Tiefensee sei seit Mitte September informiert gewesen. Aber erst vergangene Woche entließ Tiefensee seinen Staatssekretär Matthias von Randow. Begründet wurde dies damit, dass Randow über den Beschluss im Personalausschuss des Bahn-Aufsichtsrates nicht zügig informiert habe. Am Wochenende hatten nach der Opposition auch Politiker von CDU/CSU den Rücktritt des Ministers gefordert.

Dementi nach Bahn-Rücksprache

Die "Financial Times Deutschland" berichtet inzwischen, Bahn-Aufsichtsratsvorsitzender Werner Müller habe Tiefensee bereits in der zweiten Augusthälfte telefonisch über die umstrittenen Bonusregelungen informiert. Die Zeitung berief sich dabei auf Bahnkreise und Quellen aus dem Aufsichtsrat. Diesen Bericht ließ Tiefensee postwendend zurückweisen. "Die Pressemeldung über eine angebliche Information des Ministers über die Bonusregelung im August ist falsch und entbehrt jeder Grundlage", teilte sein Sprecher Rainer Lingenthal mit. Das Dementi erfolge nach einer Rücksprache Tiefensees mit Müller, hieß es.

Müller hatte Boni in sechs- bis siebenstelliger Höhe für Vorstand und Führungskräfte der Bahn als leistungsbezogen verteidigt. Sie gelten im Falle von Börsengängen als üblich, sind vielerorts aber auf Empörung gestoßen.

Tiefensee schweigt

Zwei Pressekonferenzen am Montag sagte Tiefensee am selben Tag sehr kurzfristig ab. Zur Begründung der Absage des Auftritts in Berlin schrieb der Sprecher des Ministers, es habe "nur vier Anmeldungen" gegeben. Bei der Pressekonferenz sollte es eigentlich um eine Konferenz zur friedlichen Revolution in der DDR gehen, Thema der Fragen wäre wohl aber eher die Debatte um die Bahn und die Rücktrittsforderungen an Tiefensee gewesen. Eine weitere Pressekonferenz am Nachmittag in Dresden wurde "wegen der Verpflichtungen in Berlin" gestrichen.

Quelle: ntv.de

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