Ärzte dürfen einreisen Ban appelliert an Junta
17.05.2008, 14:44 UhrDie Vereinten Nationen haben ihre Forderung an das Militärregime in Birma bekräftigt, internationale Helfer ins Land zu lassen. "Mehr als zwei Wochen nach dem Zyklon befinden wir uns an einem kritischen Punkt", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. "Wenn nicht schnell mehr Hilfe in das Land gelangt, stehen wir vor dem Ausbruch von Infektionskrankheiten, die die aktuelle Krise dramatisch verschlimmern könnten." Ein französisches Schiff mit 1.500 Tonnen Lebensmittel und Medikamente an Bord hat bislang keine Genehmigung zur Landung bekommen.
Mit einem Hubschrauber brachten die Behörden unterdessen eine Gruppe von Diplomaten und führenden Vertretern von Hilfsorganisationen aus Rangun in das am schwersten verwüstete Irawadi-Delta. "Was sie uns zeigten, sah sehr gut aus, doch war das nicht das ganze Bild", berichtete der örtliche Leiter des Welternährungsprogramms (WFP), Chris Kaye, nach seiner Rückkehr. Nach seinen Angaben bekamen sie drei Auffanglager zu sehen, in denen jeweils maximal 250 Menschen lebten.
In Rangun trafen zudem 30 Ärzte und Krankenschwestern aus dem benachbarten Thailand ein. Laut Kaye haben sie eine zweiwöchige Aufenthaltsgenehmigung, dürfen sich aber nur bis zum Stadtrand von Rangun bewegen. Eine Gruppe indischer Ärzte sei bereits im Land, weiteres Personal aus China und Bangladesch werde im Laufe des Wochenendes erwartet. Der örtliche Vertreter von Ärzte ohne Grenzen, Frank Smithuis, sagte, dass dringend internationale Katastrophenexperten gebraucht würden, um Wasser aufzubereiten, Toiletten zu bauen und Nothilfe zu organisieren.
Im Katastrophengebieten wurden zuvor erste Cholera-Erkrankungen gemeldet.
"Unmenschlich"
Großbritanniens Premierminister Gordon Brown hat Konsequenzen für Birmas Militärregierung gefordert. Es sei unmenschlich, dass ausländische Helfer nicht in das verwüstete Land gelassen würden, sagte er in einem BBC-Interview. "Wir haben eine unerträgliche Situation, hervorgerufen durch eine Naturkatastrophe. Durch Fahrlässigkeit wird sie zu einer von Menschen gemachten Katastrophe", sagte Brown.
Er betonte, dass seine Regierung in Erwägung ziehe, aus der Luft Hilfsgüter abzuwerfen. "Wir schließen nichts aus, weil wir wollen, dass die Hilfe das Volk direkt erreicht."
Die Bundesregierung hat Birma aufgefordert, internationale Helfer ins Land zu lassen. Innenstaatssekretär August Hanning sagte in einem Interview der Berliner Tageszeitung "B.Z. am Sonntag", das Technische Hilfswerk habe Wasseraufbereitungsanlagen in die Hauptstadt Rangun gebracht, um 70.000 Menschen mit Trinkwasser zu versorgen. Aber noch liefen die Gespräche mit der Regierung über die Genehmigung. Im Interesse der Menschen seien schnellere Entscheidungen notwendig, betonte der Staatssekretär.
Schiff muss warten
Die französische Regierung erklärte, das Marineschiff "Le Mistral" warte rund 22 Kilometer vor den Hoheitsgewässern von Birma. Die 1.000 Tonnen Lebensmittel reichten, um 100.000 Menschen 15 Tage zu ernähren. Zudem seien Notunterkünfte für 15.000 Menschen an Bord. Noch müssten die Einzelheiten geklärt werden, wie die Hilfe an Land und zu den Menschen komme.
Der französische UN-Botschafter Jean-Maurice Ripert kritisierte die Junta, weil sie dem Schiff bislang die Fahrt ins besonders betroffene Irrawaddy-Delta verweigert. Diese Weigerung könne "zu einem wirklichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen", sagte Ripert. Birma habe gefordert, die Hilfsgüter nach Rangun zu fliegen, von wo sie weiterverteilt werden sollten, sagte Ripert. Die Militärführung besteht darauf, dass sie die Hilfsgüter verteilt. Den ausländischen Mitarbeitern von Hilfsorganisationen verweigert sie die Einreise.
UN-Koordinator in Birma erwartet
Zur Erkundung der Lage nach Birma wurde am Sonntag der Koordinator der Vereinten Nationen für humanitäre Einsätze, John Holmes, in dem Land erwartet. Er wolle das Militärregime überzeugen, weitere Helfer der Vereinten Nationen ins Land zu lassen und die Hilfe für die Überlebenden deutlich aufzustocken, hieß es.
Das Militärregime hatte am Freitag die offizielle Zahl der Toten drastisch nach oben korrigiert: Das staatliche Fernsehen sprach von fast 78.000 Todesopfern. Dies war fast doppelt so viel wie die zuvor von der Militärregierung bestätigten 43.318.
Die Zahl der weiterhin Vermissten wurde von dem Sender mit 55.917 angegeben - ebenfalls eine Verdoppelung von den bislang genannten 27.838. Die Vereinten Nationen haben erklärt, sie rechneten letztlich mit mehr als 100.000 Toten. Die Internationale Föderation vom Roten Kreuz und Roten Halbmond setzte die Zahl sogar bei bis zu 128.000 an.
Quelle: ntv.de