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Stopp der US-Hilfen gefordert Bannon: Ukraine-Krieg droht, "Trumps Vietnam" zu werden

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Bannons Vergleich der russischen Invasion mit dem Krieg in Vietnam hinkt aus mehreren Gründen.

Bannons Vergleich der russischen Invasion mit dem Krieg in Vietnam hinkt aus mehreren Gründen.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Ein schnelles Ende von Moskaus Invasion, nachdem Kiew weder durch Sicherheitsgarantien noch Finanzspritzen aus den USA gestützt wird – das fordert Steve Bannon, einstiger Chefstratege des künftigen US-Präsidenten. Dabei hat Trumps Ukraine-Sondergesandter etwas völlig anderes im Sinn.

Er war Donald Trumps Chefstratege, Leiter des rechtsradikalen Portals Breitbart, und übt noch immer Einfluss auf die US-Republikaner aus: Steve Bannon. Kurz vor der Amtseinführung Trumps als 47. US-Präsident fordert Bannon, die neue Regierung solle die russische Invasion schnellstmöglich beenden. Anders als Trumps Sondergesandter für die Ukraine, Keith Kellogg, drängt Bannon auch darauf, die Hilfe für die Ukraine einzustellen.

Trump könne mit Blick auf die Unterstützung für Kiew in eine Falle tappen, warnte Bannon im Interview mit dem Portal Politico. Ohne klaren Bruch könne er tiefer in den Krieg hineingezogen werden. "Wenn wir nicht aufpassen, wird es zu Trumps Vietnam. Das ist Richard Nixon passiert. Am Ende war er derjenige, der den Krieg für sich beanspruchen konnte, und er ging als sein Krieg in die Geschichte ein, nicht als der von Lyndon Johnson", sagte Bannon. Nixon sei scharf kritisiert worden, als es ihm während seiner Amtszeit als Präsident erst spät gelang, die Beteiligung der USA am Vietnamkrieg zu beenden.

Bannons Vergleich der russischen Invasion mit dem Krieg in Vietnam, an dem sich die USA von 1964 bis 1973 beteiligten, hinkt allerdings aus mehreren Gründen. Die geschichtliche Ausgangslage etwa war eine andere: Der Vietnamkrieg war ein Stellvertreterkrieg, den die USA zu Zeiten des Eisernen Vorhangs gegen die Sowjetunion führte. Washington kämpfte an der Seite Südvietnams gegen die Guerilla-Kämpfer der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams, um den Kommunismus im Land einzudämmen. Damals wurde aus einem schwelenden Bürgerkrieg ein internationaler Konflikt unter der Beteiligung der USA. Bei der russischen Invasion handelt es sich hingegen um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg, durch den die Ukraine als souveräner Staat von der Landkarte verschwinden soll - wogegen sich Kiew mit Unterstützung der USA wehrt.

Kellogg würde Ukraine nach Kriegsende "weiterhin aufrüsten"

Zudem schickten die Vereinigten Staaten damals Hunderttausende US-Soldaten direkt an die Front in Vietnam, knapp 60.000 ließen in dem Krieg ihr Leben. Im Gegensatz dazu gibt es momentan keine aktiven Bodentruppen oder Reserveeinheiten des US-Militärs in der Ukraine. Der Vietnamkrieg ist aufgrund der damaligen Niederlage der USA und ihrer Verbündeten nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung "eines der größten Desaster der US-Geschichte und ein Trauma für die Weltmacht". Möglich, dass Bannon dieses Trauma absichtlich nutzt, um gegen die Ukraine-Hilfen der US-Regierung zu mobilisieren.

Bannon setzte sich nach Angaben von "Politico" in Washington hinter den Kulissen vehement dafür ein, dass Trump in seiner Rede zur Amtseinführung erklärt, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden. Auch in seinem Podcast War Room warb Bannon dafür: "Ich arbeite gerade wie verrückt, um sicherzustellen, dass es am Montag etwas gibt, eine Ankündigung. Während Kellogg sagt, es werde 100 Tage dauern, sagt das alte außenpolitische Establishment, sechs Monate."

Der frühere General Kellogg, der in der künftigen US-Regierung für die Ukraine zuständig sein soll, legte Trump bereits sein eigenes Konzept für ein schnelles Kriegende vor. Demnach soll die Ukraine dazu gebracht werden, einem Waffenstillstand zuzustimmen, weil ihr ansonsten die weitere Unterstützung gestrichen wird. Der Kreml soll einwilligen müssen, weil bei Weigerung die USA die Militärhilfe für Kiew drastisch aufstocken würden. Langfristig könnten die Vereinigten Staaten den Frieden in der Ukraine nur absichern, indem sie die "Ukraine weiterhin aufrüsten und ihre Verteidigung stärken", hieß es im April in einem Papier, das Kellogg für den Thinktank America First Policy Institute mit entworfen hat. Damit will Kellogg "sicherstellen, dass Russland keine weiteren Vorstöße unternimmt und nach einem Waffenstillstand oder einem Friedensabkommen nicht erneut angreift".

Bannon spottet über europäische NATO-Verbündete

Von der Idee, der Ukraine durch Militärhilfen und solide Sicherheitsgarantien unter die Arme zu greifen, hält Bannon nichts, da dies aus seiner Sicht zu einer Verzögerung des Kriegsendes führen könnte. Laut Bannon würde dadurch das Risiko erhöht, die USA tiefer in einen Krieg hineinzuziehen, der weder ihrem nationalen Interesse diene noch gewonnen werden könne.

Die Aufgabe, den Wachhund-Job in einer ukrainischen Pufferzone nach einem Kriegsende zu übernehmen, sieht Bannon klar bei den Europäern. Sie würden zu wenig tun, um ihre eigene Verteidigung besser aufzustellen. "Wenn man sich die NATO anschaut, glaube ich nicht, dass sie zwei kampfbereite europäische Kampfdivisionen aufstellen kann", spottete Bannon und beklagte, die NATO sei ein US-Protektorat für andere Staaten, aber kein Bündnis mehr.

Offiziell ist Bannon derzeit kein Berater des designierten Präsidenten. Er wurde aber in jüngster Vergangenheit mehrfach bei Veranstaltungen in Trumps Residenz Mar-a-Lago gesehen. An Bannons Loyalität zu Trump gibt es keine Zweifel. Bannon ging sogar für Trump ins Gefängnis. Dort verbüßte er eine viermonatige Haftstrafe, weil er nach dem Sturm auf das US-Kapitol nicht mit den US-Behörden kooperieren wollte. Auch sein Einfluss auf die Führungsriege der Republikaner ist nicht zu unterschätzen. Viele unter ihnen sehen es als Beleg für ihren politischen Einfluss in Washington, wenn sie als Gesprächspartner zu Bannons Podcast War Room eingeladen werden.

Quelle: ntv.de

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