Politik

SPD-Außenpolitiker im Frühstart Roth rät ab, Trump "in den Allerwertesten zu kriechen"

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Wieder ein Fauxpas des Auswärtigen Amts? Der deutsche Botschafter in den USA warnt vor dramatischen Veränderungen nach der Amtsübernahme Trumps - eigentlich war das Papier vertraulich, doch es gelangte an die Öffentlichkeit. Das hätte nicht passieren dürfen, kritisiert der SPD-Außenpolitiker Roth.

Es ist eine besorgniserregende Analyse, die der deutsche Botschafter in den USA, Andreas Michaelis, erstellt hat. Der künftige US-Präsident Donald Trump verfolge eine Agenda "der maximalen Disruption", heißt es in einer Analyse für die Bundesregierung, aus der die Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Der Bericht hätte natürlich nicht an die Öffentlichkeit geraten dürfen, findet SPD-Außenpolitiker Michael Roth. "Diese Plappermäuligkeit, die geht mir ziemlich auf den Zeiger", so Roth im RTL/ntv Frühstart.

Er erwarte von Diplomaten aber auch, dass sie im internen Verkehr eine deutliche Sprache sprechen. "Ich rate nicht dazu, wie ich das manchmal bei einigen Kolleginnen und Kollegen in der Union hier in Deutschland höre, die Lage schönzureden, sondern wir müssen realistisch sein", so Roth. Im Umgang mit Trump helfe aber keine Empörung, sondern vor allem Investitionen in die eigene Wehrhaftigkeit.

Auch im US-Wahlkampf hatte das Auswärtige Amt sich nach der TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden über Trump lustig gemacht. Olaf Scholz hatte sich später für Harris als Präsidentin ausgesprochen. Darin sieht Roth jetzt aber keine Nachteile für Deutschland. "Trump hat Deutschland schon immer auf dem Zeiger gehabt, und ich rate jetzt auch nicht dazu, ihm in den Allerwertesten zu kriechen", so Roth. Europa müsse ein deutliches Signal setzen und bereit sein, "so schlimm es auch ist, Deals mit Donald Trump abzuschließen, denn das mag er ja".

"Mini-Trumps" in der EU verspüren Rückenwind

Ein Signal sendet die neue Trump-Administration wohl auch mit ihrer Einladungsliste für die heutige Inauguration. Aus Deutschland werden der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla und der außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion der CDU/CSU, Jürgen Hardt, teilnehmen. Roth selbst sei auch nicht eingeladen worden, freue sich aber, dass Kollege Hardt hingefahren sei. "Ich habe mir nur erzählen lassen, dass es gar nicht üblich ist, dass hochrangige ausländische Gäste eingeladen werden", so Roth.

Aus Europa sind in diesem Jahr zum Beispiel die rechtspopulistische italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni eingeladen, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dagegen nicht. Das sei natürlich ein Signal. "Es gibt ja Mini-Trumps auch in der Europäischen Union. (…) Es gibt viele, die sich auf Trump berufen und die natürlich jetzt auch Rückenwind verspüren, weil sie sagen: 'Wir haben jetzt in der wichtigsten Demokratie der Welt einen ganz wichtigen Verbündeten'", so Roth.

Diskussion über Sicherheit ist "Zumutung" für viele Linke

Wichtig für Europa sei es jetzt zu klären, wie man die eigene Wehrhaftigkeit finanzieren könne. "Wir müssen jetzt endlich mal ein paar Fragen klären und ich finde es schade, dass wir das in Europa zu wenig diskutieren. Und in diesem Wahlkampf erst recht", so Roth. "Für uns als Sozialdemokratie, für viele Linke, für viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist es sicherlich eine Zumutung, anzuerkennen, dass ohne Sicherheit alles nichts ist."

Aber auch Konservative und Liberale müssten sich ehrlich machen, denn allein durch Kürzungen und Umschichtungen im Haushalt könne Deutschland diese immensen Investitionen in Sicherheit und Wehrhaftigkeit nicht erreichen. Die Politik müsse über eine Reform der Schuldenbremse reden.

Vor allem im Ukraine-Krieg müsse Europa der Führungsverantwortung gerecht werden. Denn Europa könne sich hier nicht mehr auf die USA verlassen, auch wenn Roth weiter auf amerikanische Unterstützung hofft. "Die Ankündigung von Donald Trump, im Wahlkampf innerhalb von 24 Stunden einen Waffenstillstand zu erreichen, wird sich so nicht durchsetzen lassen", so Roth. Auch Trump müsse erkennen, dass Putin derzeit gar kein Interesse an einem Frieden habe. Er wolle die Ukraine weiter zerstören und sich untertan machen.

Von Trumps Rolle im Gaza-Deal "können wir in Europa lernen"

Aus diesem Grunde hoffe er nach wie vor, dass Deutschland jetzt nochmal alles dafür tue, die Ukraine in eine Position der Stärke zu bringen, damit wirklich ein Frieden erreicht werden kann, der am Ende nicht nur die Demokratie und Freiheit der Ukraine sichere, sondern auch die Freiheit der EU-Mitgliedstaaten. Denn der russische Imperialismus sei derzeit für uns die größte Gefahr. "Die grauenhaften Angriffe Russlands gehen weiter. Wir können etwas tun. Und dafür haben ja auch Verteidigungsminister Boris Pistorius und Außenministerin Annalena Baerbock ein Paket geschnürt. Und dieses Paket muss jetzt umgesetzt werden. Jeder Tag zählt", so Roth.

In Gaza herrscht dagegen erstmal ein Waffenstillstand. Das sei auch Trump anzurechnen, glaubt Roth. "Ich habe den Eindruck, dass dort die Biden-Administration auch mit Trump ordentlich zusammengearbeitet hat. Vielleicht hat auch geholfen, dass Trump ja ein relativ gutes Verhältnis zu dem israelischen Regierungschef Netanjahu hat", so Roth.

Die sehr deutliche Androhung von Konsequenzen habe nochmal deutlich gemacht, dass sich wirklich alle bewegen müssten. "Und davon können wir sogar in Europa lernen. Wir müssen wehrhaft sein in dieser Welt der Kriegstreiber, der Bösen, der Diktatoren, der Freiheitsfeindinnen und Feinde. Wir müssen uns als Heimat der liberalen und sozialen Demokratie anders aufstellen", so Roth.

Quelle: ntv.de, cpf

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