Politik

Seehofer und Ude im TV-Duell Bayern gegen München

Horst Seehofer und Christian Ude gehen respektvoll miteinander um.

Horst Seehofer und Christian Ude gehen respektvoll miteinander um.

(Foto: dpa)

Leichter Punktsieg für Christian Ude: Den Umfragezahlen zum Trotz erreicht der SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl in Bayern gegen Ministerpräsident Seehofer ein TV-Duell auf Augenhöhe. Seehofer punktet mit Ruhe und Bescheidenheit.

Junge Union und Jusos machen vor dem Duell Stimmung.

Junge Union und Jusos machen vor dem Duell Stimmung.

(Foto: dpa)

Anderthalb Wochen vor der Landtagswahl in Bayern habe n CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Spitzenkandidat Christian Ude in einem TV-Duell versucht, Wähler von sich und ihren Positionen zu überzeugen. Ihre Ausgangspositionen konnten dabei kaum unterschiedlicher sein: Während die SPD fürchten muss, dass sie ihren Negativrekord von 2008 mit 18,6 Prozent nicht verbessern wird, kann die CSU nach jüngsten Umfragen mit einem Zugewinn rechnen. Dennoch ist nicht sicher, dass Seehofer Ministerpräsident bleibt.

Ude räumte in der vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlten Sendung ein, dass er nicht sicher sei, ob die Freien Wähler in eine Koalition mit SPD und Grünen gehen würden. Er sei jedoch sicher, dass der Parteichef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, "Geschichte schreiben will und nicht als dritter Juniorpartner der CSU ins Grab sinken möchte". Ude spielte damit auf die Bayernpartei und die FDP an - die Bayernpartei ist seit 1966 nicht mehr im bayerischen Landtag vertreten, die FDP muss fürchten, bei der Wahl am 15. September die Fünf-Prozent-Hürde zu verfehlen.

Dennoch warb Seehofer - wie CDU-Chefin Angela Merkel im Bund - dafür, der CSU beide Stimmen zu geben. Eine absolute Mehrheit für die CSU nannte der Ministerpräsident "extrem unwahrscheinlich". Er betonte, er wolle mit der FDP weiterregieren. "Wenn das Volk etwas anderes erzwingt, dann müssen Demokraten immer gesprächsbereit sein."

Ude will Bayern "noch stärker" machen

Ude freut sich: Es gibt auch Rote im tiefschwarzen Bayern.

Ude freut sich: Es gibt auch Rote im tiefschwarzen Bayern.

(Foto: dpa)

Das Streitgespräch zwischen Seehofer und Ude lief d urchaus kontrovers, aber auch sehr ruhig ab. Beide Politiker fielen einander zwar ins Wort, erhoben aber nie ihre Stimme. Herausforderer Ude hatte die undankbare Aufgabe, die Erfolge Bayerns zu würdigen und zugleich deutlich zu machen, was er besser machen würde. Mehrfach lobte er Seehofers Arbeit in Einzelpunkten, etwa seinen Einsatz für den Erhalt der Gewerbesteuer.

Auch Seehofer fand freundliche Worte für Ude. Immer, wenn es um die Interessen der Landeshauptstadt München und des Freistaats Bayern gegangen sei, "haben wir die Probleme gemeinsam gelöst". Konkret sprach Seehofer den Hungerstreik von Asylbewerbern in München sowie die Olympiabewerbung an.

In seinem Schlusswort sagte Ude: "Unsere Heimat Bayern ist ein starkes Land." Die SPD wolle Bayern "noch stärker" und "gerechter" machen. Als Argument gegen die CSU führte Ude "die zahlreichen Skandale und Affären der bayerischen Staatsregierung" ins Feld. "Missstände, meine Damen und Herren, muss man abwählen." Er selbst stehe als Münchner Oberbürgermeister "seit zwei Jahrzehnten für eine Politik ohne Skandale und Affären".

Seehofer will, dass die Menschen es besser haben

"Wir sind als Bayern anerkannt in der ganzen Welt", sagte Seehofer. "Wir haben eine sehr, sehr starke Stimme in Berlin." Dieser Punkt - der Einfluss Bayerns auf Bundesebene - zählt traditionell zu den wichtigsten Argumenten der CSU: "Wenn die CSU die Regierungsmacht in München verlöre, wäre das wohl der Anfang von ihrem Ende", schreibt der Journalist Ulrich Berls in einem Buch über die CSU.

Seehofer gab sich - wie schon im Wahlwerbespot seiner Partei - bescheiden und volksnah. Er komme aus bescheidenen Verhältnisse, sagte er, seine Eltern hätten immer gesagt, ihre Kinder sollten es einmal besser haben als sie. "Das war meine Motivation, ist meine Motivation für die nächsten Jahre: möglichst vielen Bayern gute Lebenschancen einzuräumen."

Ude versuchte in der Diskussion, in seiner Rolle als erfolgreicher Oberbürgermeister zu punkten. Dieses Amt hat er seit 1993 inne. Seehofer trat dagegen als gütiger Landesvater auf, der an alle Bayern denkt - mehrfach zählte er alle bayerischen Regionen auf, in seinem Schlusswort auch die Städte München, Augsburg und Nürnberg. "Bayern besteht nicht nur aus dem Großraum München", sagte Seehofer, als es um die wirtschaftliche Situation ging.

Bayern wird als "erstes Land in Europa" schuldenfrei

Das Thema BayernLB ist für Seehofer ein unangenehmes.

Das Thema BayernLB ist für Seehofer ein unangenehmes.

(Foto: REUTERS)

Etwas heftiger wurde der Streit, als beide Kontrahente n einander eine Mitverantwortung für die Krise der Bayerischen Landesbank, an deren Rettung sich die Landesregierung mit zehn Milliarden Euro beteiligte. Seehofer warf Ude vor, mitverantwortlich für das Desaster des Geldinstituts zu sein, weil er im Verwaltungsrat der Stadtsparkasse München sitze. Ude nannte diesen Vorwurf "unglaublich" und wies seinerseits darauf hin, dass der Aufsichtsrat der Bayern LB mit einer ganzen Reihe prominenter CSU-Politiker besetzt gewesen sei.

Beim Thema Haushaltspolitik sagte Seehofer, Bayern werde nach einer Neuordnung des Länderfinanzausgleichs "das erste Land in Europa" sein, das schuldenfrei sei. Ude nannte die bayerischen Wirtschafts- und Finanzdaten "erfreulich", sagte jedoch auch, die bayerische Schuldentilgung sei eine "Märchenstunde".

"Maut für Ausländer wird kommen"

Vergleichsweise wenig Streit gab es bei der Bildungspolitik. Ude sagte, er wolle den "Murks" beenden, der mit der Einführung des achtjährigen Gymnasiums begonnen habe. Die SPD will in den Städten sowohl acht- als auch neunjährige Gymnasien anbieten, auf dem Land sollen beide Züge innerhalb eines Gymnasiums angeboten werden. Die CSU will dagegen ein "Flexibilisierungsjahr" einführen, mit dem Schüler auf dem G8 ein Jahr länger bis zum Abitur haben sollen. Damit wolle er für eine "Entschleunigung" sorgen, so Seehofer.

Mit Blick auf die umstrittene Pkw-Maut bekräftigte Seehofer: "Die Maut für Ausländer muss kommen und sie wird kommen." Den bayerischen Autofahrern versprach er "keinen Cent Mehrbelastung". Wie bereits Bundeskanzlerin Merkel im TV-Duell am vergangenen Sonntag sagte Ude, ein solches Modell sei europarechtlich schlicht nicht machbar. Die Maut werde kommen "so wie der Transrapid", den die CSU auch über Jahre angekündigt habe. Seehofer erklärte zum Streit mit Merkel nur: "Wir werden da eine Lösung finden." Zugleich bestätigte er, dass er keinen Koalitionsvertrag unterschreiben werde, wenn darin nicht eine Pkw-Maut beschlossen sei.

Beim Thema Betreuungsgeld tauschten Seehofer und Ude die bekannten Argumente aus. Auf den Einwand, auch die Millionärsgattin erhalte Betreuungsgeld, wenn sie nicht arbeiten gehe, sagte Seehofer, er wolle in der Familienpolitik "nicht in der Weise führen, dass wir unterschiedliche Einkommensklassen gegeneinander ausspielen".

Wie nach solchen Duellen üblich, erklärten beide Seiten ihren Bewerber anschließend zum Sieger. Tatsächlich war das Aufeinandertreffen jedoch weitgehend ausgeglichen. Allerdings startete Ude aus einer ungleich schwierigeren Position heraus: Er konnte die bayerischen Erfolge weder kleinreden noch leugnen, dem Ministerpräsidenten einfach nur gratulieren konnte er jedoch auch nicht, wenn er sich als Alternative präsentieren wollte. Seehofer wiederum konnte aus einer Position der Stärke heraus auftreten, schaffte es aber, Überheblichkeit und ein allzu einfaches "Die letzten Jahre waren gut für Bayern"-Mantra zu vermeiden. Insofern endete das TV-Duell mit leichtem Punktgewinn für Ude: In Bayern ist es für den Spitzenkandidaten der SPD schließlich schon ein Erfolg, wenn er auf Augenhöhe mit dem Ministerpräsidenten diskutieren kann.

Quelle: ntv.de

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