Politik

Franke mit Herz und Zauber Beckstein ist gewählt

Nach dem erzwungenen Rücktritt Edmund Stoibers hat Bayern einen neuen Regierungschef: Mit 122 Stimmen wurde Günther Beckstein vom Landtag in München zum Ministerpräsidenten gewählt. Zwei Abgeordnete enthielten sich bei der geheimen Wahl, 53 stimmten gegen den CSU-Politiker, eine Stimme war ungültig. Die CSU-Fraktion erschien vollzählig; sie verfügt im bayerischen Landtag über 124 Mandate, SPD und Grüne haben zusammen 56 Sitze.

Wenige Stunden nach seiner Vereidigung übernahm er in der bayerischen Staatskanzlei die Amtsgeschäfte von seinem Vorgänger Edmund Stoiber, der nach 14 Jahren zurückgetreten war.

"Mein Herz schlägt für ganz Bayern"

Beckstein ist der erste Protestant im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten. Zudem ist Beckstein Franke - eine "Randregion" Bayerns. Nach seiner Vereidigung betonte der 63-Jährige: "Mit dieser Stunde stehe ich in Verantwortung für ganz Bayern. Mein Herz schlägt für ganz Bayern."

Als Regierungschef setzt Beckstein auf Teamarbeit und will sich eng mit dem neuen CSU-Chef Erwin Huber abstimmen. "Zwei Leute wissen mehr als einer", sagte er. Stoibers autoritärer Führungsstil hatte für viel Unmut in der CSU gesorgt. Der Ministerpräsident forderte die Bürger auf, "mich zu unterstützen, mir zu raten und zu kritisieren". Die Opposition lud er zu "fairem Wettbewerb" ein.

"Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne"

Vorgänger Stoiber gehörte zu den ersten Gratulanten. Beckstein beschwor in seiner kurzen Rede die "Vision einer Bürgergesellschaft", der die Balance zwischen Selbstverantwortung und Solidarität wahre. Ausdrücklich lud er auch die ausländischen Mitbürger zu einem offenen Dialog ein. "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Dafür will ich mit aller Kraft arbeiten", sagte Beckstein und forderte die CSU-Fraktion auf: "Gehen wir mit Mut und Demut an die Arbeit." Die Abgeordneten feierten ihn mit stehenden Ovationen.

SPD-Fraktionschef Franz Maget wünschte Beckstein "viel Erfolg und gute Entscheidungen für unser Land". Seiner Amtszeit werde aber stets der Makel anhaften, dass er mit Huber Stoiber im Januar in Kreuth gestürzt habe. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause bezeichnete Beckstein als "neue freundliche Verpackung für die alten falschen Inhalte". Er sei nur "Tandemchef für eine Übergangszeit".

Beckstein will sein Kabinett in einer Woche vorstellen. Am Rande der Landtagssitzung verglich er die neun Monate lange Übergangszeit seit Stoibers Rücktrittsankündigung mit einer komplizierten Schwangerschaft. Sie habe aber den Vorteil gehabt, dass er sich - nach 14 Jahren als Innenminister - auf sämtlichen Politikfeldern habe vorbereiten können. "Ich will jetzt voll Elan loslegen."

Roth sieht Chance auf neuen Stil

Grünen-Chefin Claudia Roth und FDP-Chef Guido Westerwelle gratulierten Beckstein zur Wahl und versprachen ihm eine faire Zusammenarbeit.

"Mit Günther Beckstein gibt es die Chance, dass in Bayern ein neuer Politikstil Einzug hält, der auch bei großen Gegensätzen den fairen und menschlichen Umgang miteinander nicht vergisst", sagte Roth. Beckstein werde aus dem Politiksystem seines Vorgängers ausbrechen müssen.

Westerwelle schrieb dem neuen Regierungschef: "Ich sage Ihnen eine kritische, konstruktive und faire Zusammenarbeit zu." Zugleich erklärte Westerwelle, Beckstein werde es schwerer haben als Stoiber, da ihm die Autorität des CSU-Vorsitzes fehle.

Nachfolgedebatte verboten

CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann verbat sich CSU-interne Debatten über Beckstein als "Mann des Übergangs" und attackierte den CSU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Zöller scharf. Man müsse dafür sorgen, "dass jeder, der so dumm daherredet in den nächsten Wochen, eine auf die Nuss kriegt", sagte Herrmann vor Journalisten. Zöller hatte erklärt, der 63-jährige Beckstein sei nur ein "Kandidat für eine Legislaturperiode", schon "2013 kandidiert ein anderer".

Herrmann sagte, nachdem die CSU den neun Monate langen Übergang besser überstanden habe als befürchtet, müsse jetzt "mit den ewigen Personaldebatten Schluss" sein. Nach der Regierungserklärung am 15. November blieben nur noch zehn Monate bis zur Landtagswahl. Von Beckstein erwarte die Fraktion einen kollegialeren Führungsstil.

Beckstein sagte der "Süddeutschen Zeitung", er bleibe nicht 15 Jahre im Amt. "Aber dass Übergang nicht heißt, dass das Amt jetzt auf drei oder vier Jahre beschränkt ist, das ist auch klar." Es werde beim Haushalt ohne Neuverschuldung bleiben. Eine seine ersten Aufgaben werde die Neustrukturierung der Landesbank sein.

Quelle: ntv.de

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