"Keinerlei Chancen" Beckstein will Vignette
22.11.2007, 08:01 UhrBundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen neuen Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) für eine Pkw-Autobahnmaut zurückgewiesen. Massive Kritik an dem Vorschlag, der zum Ausgleich eine Senkung der Mineralölsteuer vorsieht, kam auch von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) sowie Verkehrsverbänden. Zugleich stellte Merkel angesichts steigender Benzinpreise klar, dass es zur Entlastung der Bürger eher um Senkungen der Sozialbeiträge als der Mineralölsteuer gehen sollte. Aus Koalitionskreisen wurde der Deutschen Presse-Agentur dpa bestätigt, dass eine Pkw-Maut anders als die seit Anfang 2005 gültige Maut für schwere Lastwagen zumindest für diese Wahlperiode "keinerlei Chancen" habe.
Beckstein begründete seinen Vorstoß in der "Bild"-Zeitung damit, dass mit der Einführung einer 120-Euro-Jahresvignette die Mineralölsteuer gesenkt werden könnte. Außerdem könnten auf diese Weise ausländische Fahrzeuge stärker an den Autobahnkosten beteiligt werden. Unterstützung bekam er von Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU). Zu den Verfechtern einer Vignette gehört auch Baden-Württembergs Regierungschef Günther Oettinger (CDU).
Verkehrsminister Tiefensee sagte, Becksteins Forderung gehe "am Thema vorbei": "Der eigentliche Skandal ist die permanente Erhöhung der Benzinpreise durch die Mineralölkonzerne." Deshalb heiße die einzige nachhaltige Gegenstrategie: "Weg vom Öl, hin zu alternativen Energien."
Beckstein hatte das Thema bereits vor einem Jahr ohne Erfolg vorangetrieben. Hintergrund: Billigerer Sprit soll das Tankstellensterben in Bayerns Grenzregionen stoppen. In den Nachbarländern Österreich und Tschechien sind die Kraftstoffpreise teils deutlich günstiger. Auch wird in München als ärgerlich empfunden, dass der Nachbar Österreich bei der Einreise die Vignette verlangt, Deutschland aber keine solche Abgabe zur Mitfinanzierung des Verkehrssystems verlangt.
Beckstein schlägt vor, die Mineralölsteuer auf Benzin um 15 Cent und auf Diesel um 10 Cent zu reduzieren. Geschätzte Einnahmeausfälle von rund 7 Milliarden Euro sollten im Wesentlichen durch den Verkauf einer 120 Euro teuren Vignette gegenfinanziert werden. Dies wäre auch "sozial gerecht", sagte der CSU-Regierungschef. Dann müssten endlich auch alle ausländischen Verkehrsteilnehmer einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der Straßen leisten. Unterm Strich kämen die meisten Autofahrer preiswerter weg als bisher.
Diese Rechnung geht nach Angaben der Verkehrsverbände jedoch nicht auf. Der Staat habe keine Einflussmöglichkeit darauf, ob die Konzerne die Spritpreise in dem Maße verringern, wie die Mineralölsteuer gesenkt wird, hieß es beim Automobilclub von Deutschland (AvD). Der Verkehrsclub Deutschland betonte, kleine Autos mit niedrigem Verbrauch würden die nötige Senkung der Mineralölsteuer bei weitem nicht erreichen. Der ADAC erklärte: "Ein falscher Vorschlag wird auch dann nicht richtiger, wenn man ihn immer wieder aus der Schublade zieht."
Quelle: ntv.de