Möllemann-Flyer fliegt weiter "Beim Bier" eingeweiht?
29.10.2002, 00:33 UhrDie Affäre um das antiisraelische Faltblatt des inzwischen zurückgetretenen nordrhein-westfälischen FDP-Vorsitzenden Jürgen Möllemann zieht weitere Kreise. Auch die designierte FDP-Landeschefin Ulrike Flach und Landesschatzmeister Andreas Reichel sollen im Vorfeld von der Aktion gewusst haben.
"Beim Bier", so bestätigte Flach laut "Schwäbischer Zeitung", seien Reichel und sie von Möllemann am 11. September - elf Tage vor der Bundestagswahl - in die Planung der umstrittenen Wahlkampfbroschüre eingeweiht worden. Beide hätten die Berliner Parteispitze nicht benachrichtigt; es gab laut Flach "zunächst keinen Anlass, darüber zu reden". Möllemann habe den Eindruck erweckt, er wolle das Präsidium der Bundespartei persönlich informieren. Als er dies fünf Tage später im Präsidium nicht tat, habe sie die Bundesgeschäftsstelle informiert.
Westerwelle habe darauf verärgert reagiert, sagte FDP-Sprecher Martin Koth am Dienstag in Berlin auf Anfrage. Er sehe diesen Vorgang aber nicht als so gravierend an, dass die Vertrauensbasis zerstört sei. Westerwelle hatte danach selbst Flach als neue Landesvorsitzende vorgeschlagen. Am 10. November soll Flach als Nachfolgerin Möllemanns zur neuen FDP-Landeschefin gewählt werden.
Der Vorsitzende der FDP-Nachwuchsorganisation Junge Liberale, Daniel Bahr, sagte im Südwestrundfunk, man müsse Flach zugute halten, dass sie Möllemann von dem Plan abgeraten und auch "die Brisanz des Flyers nicht bei dem ersten Erzählen erkannt hat, sondern erst dann wohl, nachdem der ausgedruckt war". Er sehe nicht das Problem, dass Flach jetzt nicht mehr Landesvorsitzende werden könne, sagte der Münsteraner Bundestagsabgeordnete.
Auch der "Kölner Stadt-Anzeiger" berichtet in seiner Dienstausgabe, Möllemann habe Flach bereits vor Erteilung des Druckauftrages informiert. Damit habe der gesamte geschäftsführende Landesvorstand der NRW-FDP mit Ausnahme des Vize-Vorsitzenden Andreas Pinkwart von der bevorstehenden Aktion gewusst. Pinkwart sagte dem Blatt, er habe "definitiv vorher nichts gewusst".
Flach hatte am Montag erneut den Vorwurf zurückgewiesen, die Landespartei sei ebenfalls in die Spendenaffäre verstrickt.
Auskunftsklage für Dienstag angekündigt
Möllemann hatte ohne Wissen der FDP-Spitze zur Finanzierung seines Faltblatts ein Sonderkonto angelegt, auf das 840.000 Euro vermutlich illegale Spenden flossen. Die FDP-Spitze geht davon aus, dass es sich um gestückelte Großspenden handelte, was ein Verstoß gegen das Parteiengesetz wäre.
Die FDP wird nach Auskunft ihres Bundesvorsitzenden Guido Westerwelle die angekündigte Auskunftsklage gegen Möllemann am Dienstag erheben. Sie will so an die Namen der Spender herankommen. Bislang weigert sich Möllemann, die Spender preiszugeben. Westerwelle sagte am Montag in der n-tv Sendung "Maischberger", ein Parteiausschlussverfahren gegen Möllemann sei "erst dann möglich, wenn es eine richterliche Entscheidung zu den bekannten Vorgängen gibt ".
Noch eine Möllemann-Nachfolge
Unterdessen wählte die FDP-Fraktion im NRW-Landtag ihren neuen Vorsitzenden. Der Kommunalexperte Ingo Wolf erhielt 14 Stimmen von 23 anwesenden Abgeordneten. Für seinen Gegenkandidaten Stefan Grüll stimmten nur neun Abgeordnete.
Quelle: ntv.de