Berlin beschließt Gesundheitsreform Beiträge werden mittelfristig wieder steigen
26.03.2014, 11:58 Uhr
Im Bundestag sind die Reihen nicht immer fest geschlossen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Viele Versicherte werden erst entlastet - später wird es wohl auf breiter Front teurer, denn die Ausgaben für Gesundheit werden steigen. Die Bundesregierung regelt die Finanzierung neu.
Die Bundesregierung hat die schwarz-rote Gesundheitsreform auf den Weg gebracht. Mit dem geplanten Reformstart Anfang 2015 soll der Beitragssatz für alle Krankenkassen von 15,5 auf 14,6 Prozent sinken. Ein Sonderbeitrag von 0,9 Prozent zulasten der Kassenmitglieder soll entfallen. Stattdessen sollen die Kassen Zusatzbeiträge nehmen können, die vom Einkommen abhängig sein werden. Mittelfristig werden dadurch höhere Beiträge auf Millionen Versicherte zukommen. Arbeitgeber sollen künftig nicht mehr stärker belastet werden. Nach dem Kabinettsbeschluss - genau nach den ersten 100 Amtstagen der Regierung - sind Änderungen im weiteren parlamentarischen Verfahren möglich.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe bekräftigte, 2015 werde die Krankenversicherung zunächst für viele günstiger. Denn rund 20 Millionen Menschen seien bei einer Kasse, die weniger Geld durch Zusatzbeiträge bräuchten, als sie durch die Streichung des 0,9-Prozent-Anteils verlören. Bei anderen Kassen ändere sich unterm Strich nichts. Wieder andere bräuchten mehr. Den Kassen-Mitgliedern wird dann ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt.
Ob es 2015 im Durchschnitt zu einer Entlastung der Versicherten komme, werde sich erst im Herbst entscheiden, wenn die Kassen ihre Haushalte aufstellten, sagte die Chefin des Kassen-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, der "Passauer Neuen Presse".
Einnahmen decken Ausgaben nicht
Ab 2016 dürften die Zusatzbeiträge nach oben gehen, weil die Ausgaben der Krankenversicherung ihre Einnahmen in immer größerem Ausmaß übersteigen. Der Essener Gesundheitsökonom Jürgen Wasem sagte: "Ich gehe davon aus, dass der Zusatzbeitrag ab 2016 im Schnitt jedes Jahr um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte steigen wird." Manche Kassen könnten dies durch Rücklagen abfedern. "Für 2017 rechne ich mit Zusatzbeiträgen von 1,3 bis 1,5 Prozent." Das Bundesversicherungsamt geht sogar noch von höheren Beträgen aus.
Die Arbeitgeber sollen an der Finanzierung steigender Kosten nicht mehr beteiligt werden. Für sie bleibt es bei der Hälfte des Beitragssatzes (7,3 Prozent). Der CDU-Politiker Gröhe verteidigte das Vorgehen. Er wolle nicht, "dass eskalierende Lohnnebenkosten Arbeitsplätze vernichten und damit die Grundlage eines solidarischen Gesundheitswesens untergraben".
Mit der Reform entfällt für finanzstarke Kassen auch die Möglichkeit, pauschale Zusatzbeiträge zu erheben oder Prämien auszuschütten. In diesem und dem vergangenen Jahr profitierten rund acht Millionen Kassenmitglieder von einer Beitragsrückerstattung.
Außerdem will die Bundesregierung ein neues Institut gründen, das die Qualität der Krankenhäuser in Deutschland messen soll. Neue Aufbereitungen entsprechender Daten sollen ermöglichen, dass Kliniken mit guten Behandlungsergebnissen besser bezahlt werden. Andere sollen Abschläge hinnehmen müssen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft lehnte Abschläge ab. Kassen-Verbandschefin Pfeiffer forderte, das Verfahren auf niedergelassene Ärzte auszudehnen.
Quelle: ntv.de, ppo/dpa