Politik

Deutsche US-Bürger gefragt Berlin wählt Obama

Hunderttausende Amerikaner wollten im November 2004 nach dem erneuten Wahlsieg von Georg W. Bush ihrer Heimat den Rücken kehren und auswandern. Inzwischen ist Bushs Zeit im Weißen Haus fast abgelaufen, am 20. Januar 2009 wird er einem neuen Präsidenten weichen. Endlich haben seine Gegner im Rahmen der US-Vorwahlen die Gelegenheit, sich für eine von zwei Alternativen zu einem konservativen Präsidenten zu entscheiden: Hillary Clinton oder Barack Obama. Doch "wie auf der Welt kann ich wählen?", mit diesem Slogan wirbt die Vereinigung der US-Demokraten im Ausland bei ihren ausgewanderten Mitbürgern um deren Wahlbeteiligung.

"Cast your vote!", ist die Botschaft, mit der die Democrats Abroad (DA) an US-Bürger im Ausland herantreten. Vom 5. bis 12. Februar 2008 konnten US-Bürger in 33 Ländern auf der ganzen Welt ihre Stimme für Clinton oder Barack abgeben, vorausgesetzt sie hatten sich bei DA registriert. Das ging online oder direkt in den lokalen Wahlbüros der Organisation. Dabei muss jeder Anwärter auf eine Stimme eine vollständige US-Adresse oder einen amerikanischen Pass vorweisen können.

Direkte Wahlbeteiligung verdreifacht

Allein in Berlin haben an zwei Wahltagen insgesamt 300 US-Bürger an den Vorwahlen der Demokraten im Ausland teilgenommen. "Letztes Mal haben sich knapp hundert Leute beteiligt", erklärt Martin Steltzer, der Vorsitzende von DA in Berlin. Wie viele Berliner Amerikaner sich online, per Fax oder Briefwahl an der Abstimmung beteiligt haben, weiß er erst am 18. Februar nach Bekanntgabe der Ergebnisse.

Klar ist aber, dass eine überwältigende Mehrheit in Berlin für Barack Obama gestimmt hat. Bei einer Nachwahlbefragung habe die Stimmverteilung vier zu eins für Obama und gegen Clinton gelegen. "Die Amerikaner wollen eine Änderung, sie sind engagiert", so Steltzer. Außerdem hätten sich viele junge Wähler erstmals im Wahllokal eingefunden, was dem Trend in Amerika entspricht, wo Obama besonders die Jugend begeistert.

Elf Stimmen für den Rest der Welt

Die Ergebnisse aus Berlin und sieben weiteren deutschen DA-Ortsverbänden fließen zusammen mit Stimmen aus dem Nahen und Mittleren Osten und Afrika. Gemeinsam werden die Weltregionen drei Delegierte mit jeweils einer halben Stimme zum nationalen Parteitag der Demokraten vom 25. bis 28. August 2008 in Colorado entsenden, wo entweder Hillary Clinton oder Barack Obama zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten der Partei gekürt wird. Aus den restlichen Teilen der Welt werden noch 19 weitere Delegierte mit jeweils einer halben Stimme entsandt: Drei aus dem asiatisch-ozeanischen Raum, drei vom nord- und südamerikanischen Kontinent jenseits der USA, außerdem acht Superdelegierte und fünf weitere Wahlmänner, die weltweit in Parteikomitees berufen und nur zum Teil auf einen der beiden Kadidaten festgelegt sind.

Bei der Nationalversammlung werden die Delegierten der Demokraten aus allen US-Bundesstaaten in alphabetischer Reihenfolge gemäß dem Votum der Parteibasis im Ausland für Clinton oder Obama stimmen. Die 22 Delegierten der Democrats Abroad werden fast wie die Gesandten eines 51. Bundesstaats gleich nach Delaware ihre insgesamt 11 Stimmen (22 halbe Votes) abgeben. Keine besonders starke Kraft, möchte man angesichts der insgesamt 4049 zu vergebenden Stimmen meinen.

"Zählen praktisch gesehen mehr"

Trotzdem ist das Votum jedes Demokraten im Ausland relevant, erklärt Stelzer. Bei sechs Millionen US-Bürgern im Ausland entfallen möglicherweise sogar weniger Wähler auf einen demokratischen Delegierten als in manchen US-Staaten, weil dort die Wahlbeteiligung in der Regel viel höher ist, so der Amerikaner. Für Berlin hofft er künftig auf eine noch höhere Wahlbeteiligung. Etwa 15.000 Amerikaner leben in der Stadt, man habe daher "noch ein großes Potenzial". Für die US-Vorwahlen 2012 rechnet er damit, dass man den Democrats Abroad noch vier weitere Delegierte zugestehen wird.

Die Möglichkeit, sich über DA an den Primaries zu beteiligen, stärkt nicht nur die Position und Interessen von US-Bürgern im Ausland. Für viele ausgewanderte Amerikaner ist es die einzige Möglichkeit, auf die Kandidatenkür in den USA Einfluss zu nehmen. Denn einige demokratische Delegierte werden in lokalen Direktwahlen bestimmt – wer dann nicht vor Ort ist, kann nicht mitreden.

Bei den Republicans Abroad sieht es übrigens anders aus, sie haben keine direkte Wahlmöglichkeit vor Ort. Amerikaner, die sich im Ausland für "ihren" Republikaner aussprechen wollten, mussten sich in ihrem US-Bundesstaat zur Briefwahl registrieren lassen – eine Möglichkeit, die übrigens auch allen Demokraten freistand, die sich nicht bei den "Democrats Abroad" organisieren wollten.

In diesem Jahr werden wohl auch die Ergebnisse der Auslandsabstimmungen mit gesteigerter Spannung erwartet: Angesichts des knappen Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen Clinton und Obama könnten die Interessen der ausgewanderten Amerikaner vielleicht sogar eine interessante Wendung bringen.

Quelle: ntv.de

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