"Niemand kann Lektionen erteilen" Berlusconi reagiert gereizt
25.10.2011, 08:30 Uhr
Silvio Berlusconi kommt mit seinen Reformbemühungen kaum vom Fleck.
(Foto: REUTERS)
Gemessen am Bruttoinlandsprodukt hat Italien den höchsten Schuldenstand innerhalb der EU - abgesehen von Griechenland. Deshalb fordern Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Sarkozy von Italien Sparbemühungen. Ministerpräsident Berlusconi kann bislang keine weiteren Reformen durchsetzen - und fühlt sich offenbar in seinem Stolz verletzt.
Die nach massivem Druck aus Brüssel von Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi einberufene Krisensitzung der Regierung ist ergebnislos zu Ende gegangen. Italienische Medien berichteten, eine weitere Sitzung sei wahrscheinlich. Beobachtern zufolge wollte Berlusconi unter anderem eine Rentenreform ankündigen, die das Rentenalter in Italien auf die europaweit angestrebten 67 Jahre anhebt.
Aktuell liegt das Rentenalter in Italien im Öffentlichen Dienst für Männer bei 65, für Frauen bei 60 Jahren. Für Berlusconi ist das Thema ein heißes Eisen, da sein Koalitionspartner Lega Nord die Reform strikt ablehnt. Wie italienische Medien berichteten, traf sich der italienische Regierungschef zuvor gesondert mit Wirtschaftsminister Giulio Tremonti und dem Chef der Koalitionspartei Lega Nord, Umberto Bossi.
Der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte dazu in Brüssel kommentiert, es handele sich nur um ein Element eines umfassenden Pakets zur Ankurbelung der Wirtschaft. "Wir brauchen Reformen", sagte er mit Blick auf Italien. Rom habe sich zu einer Reformagenda verpflichtet.
"Niemand hat etwas zu befürchten"
Am Wochenende hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy Berlusconi unmissverständlich zu verstehen gegeben: Italien muss bis zum EU-Gipfel am Mittwoch klare Perspektiven zu Wachstum und Sanierung aufzeigen. Der 75-Jährige wies die Schuldenschelte zurück: "Niemand innerhalb der EU kann den Partnern Lektionen erteilen". Italien werde seinen Haushalt bis 2013 ausgleichen. "Niemand hat etwas zu befürchten von der drittgrößten europäischen Volkswirtschaft, von diesem außerordentlichen Land, dem an der internationalen Kooperation ebenso viel liegt wie an seiner stolzen Unabhängigkeit."
Das EU-Sorgenkind Italien sitzt auf einem Schuldenberg von etwa 1,9 Billionen Euro. Das Land hat nach Griechenland gemessen am Bruttoinlandsprodukt den höchsten Schuldenstand der Eurozone. Berlusconi verabschiedete zwar in den vergangenen Monaten im Hauruck-Verfahren Sparmaßnahmen von rund 100 Milliarden Euro. Analysten, Kritiker und nicht zuletzt auch die Ratingagenturen bemängeln aber fehlende strukturelle Reformen und die schlechten Wachstumsaussichten.
Quelle: ntv.de, dpa