Politik

Schwarz-Gelb im Milliarden-Poker Bildung nur Verhandlungsmasse

Beim Bildungsgipfel an diesem Mittwoch will die Bundesregierung zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Das 2008 verkündete Zehn-Prozent-Ziel soll ein Stückchen näher rücken, der Streit um die Steuerentlastungen der Koalition beigelegt werden. Dabei steht zu befürchten, dass die Bildung hinten runter fällt.

Hoffnungsvoll: Das Gesetz zur Beschleunigung des Wachstums dürfte den Bundesrat passieren.

Hoffnungsvoll: Das Gesetz zur Beschleunigung des Wachstums dürfte den Bundesrat passieren.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Bundesbildungsministerin Annette Schavan wehrt sich gegen den Eindruck, der Bund würde die Länder für ihre Zustimmung zum Wachstumsbeschleunigungspaket mit weiteren Zusagen in der Bildungspolitik ködern. "Wenn die zwölf Milliarden Euro, die der Bund für die Bildung gibt, dazu helfen, dass sich einzelne Länder weniger beschwert fühlen, ist das ein gutes Ergebnis", sagte die Ministerin dem "Handelsblatt".

Doch die Zusage des Bundes stehe längst, fügte Schavan hinzu. "Alles, was mit dem Bildungsgipfel zu tun hat, war lange klar", so die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Zugleich wehrte sie sich gegen weitere Forderungen an den Bund. An diesem Mittwoch findet der zweite Bildungsgipfel von Bund und Ländern statt.

Zufrieden: Wolfgang Kubicki und Peter Harry Carstensen nach ihrem "schönen Gespräch" im Kanzleramt.

Zufrieden: Wolfgang Kubicki und Peter Harry Carstensen nach ihrem "schönen Gespräch" im Kanzleramt.

(Foto: dpa)

Der Bildungsgipfel soll nicht nur für die Bildung, sondern auch im Streit zwischen Bund und Ländern einen Durchbruch bringen. Laut "Lübecker Nachrichten" will Bundeskanzlerin Angela Merkel den Ländern insgesamt Milliarden-Zugeständnisse machen. Sie habe sich mit dem schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen darauf verständigt, im Zuge der geplanten Steuerreform den Verteilungsschlüssel der Steuern zu Gunsten der Länder zu verändern.

Zwei Fliegen auf einmal?

Dies könnte auf einen zusätzlichen Mehrwertsteuerpunkt hinauslaufen, schreiben die "Lübecker Nachrichten". Es wäre zugleich ein wirkungsvoller Hebel, die Zustimmung der Länder zu der für 2011 geplanten Steuerreform schon jetzt einzuwerben.

Offiziell bekannt sind die Details der Einigung zwischen Merkel und Carstensen nicht. Nach ihrem Krisentreffen am vergangenen Sonntag, an dem auch Vizekanzler Guido Westerwelle und der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki teilnahmen, war in den Medien spekuliert worden, dass vor allem Zahlentricks die Basis des Kompromisses sein könnten. Klar war immerhin, dass es sich für Schleswig-Holstein gelohnt haben muss: "Ich hatte ein schönes Gespräch, produktiv und konstruktiv", sagte Carstensen anschließend hoch zufrieden.

Kein Wunder: Laut "Kieler Nachrichten" soll allein Schleswig-Holstein im Sektor Forschung und Bildung um bis zu 100 Millionen Euro jährlich entlastet werden. Das Land rechnet mit Steuerausfällen infolge des "Wachstumsbeschleunigungsgesetzes" in Höhe von 70 Millionen Euro.

Bildungsmilliarden weggerechnet

Unterdessen sind einige Bildungsmilliarden längst verschwunden. Beim ersten Bildungsgipfel im Oktober 2008 hatten Bund und Länder sich dazu verpflichtet, die Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: "Wir werden Maßnahmen ergreifen, die es zudem Ländern, Wirtschaft und Privaten erleichtern, ihre jeweiligen Beiträge bis spätestens 2015 ebenfalls auf das 10-Prozent-Niveau anzuheben."

Einige diese Maßnahmen bestehen jedoch eher in Rechentricks. Im Oktober 2008 waren Bund und Länder noch davon ausgegangen, dass zehn Prozent 2015 in absoluten Zahlen zwischen 25 und 60 Milliarden Euro liegen würden. Diese Summe ist mittlerweile geschrumpft: Die Länder gehen von einem Mehrbedarf in Höhe von nur noch 13 Milliarden Euro aus, der Bund spricht von fehlenden 15 bis 16 Milliarden Euro. Teil dieser Summe sind übrigens alle Ausgaben für Bildung in Deutschland - zum Beispiel auch die Kita-Gebühren, die Eltern zahlen. Zu den Rechentricks gehören eine stärkere Berücksichtigung von Pensionsausgaben für Lehrer und Professoren sowie "kalkulatorische Unterbringungskosten" in Höhe von 10 Milliarden Euro pro Jahr, also weitgehend fiktive Kosten für Liegenschaften für Schulen, Hochschulen und Kindergärten, die ohnehin der öffentlichen Hand gehören.

Das ärgert auch Kultusminister von unionsregierten Ländern. "Das sind Taschenspielertricks", sagte der sächsische Kulturminister Roland Wöller (CDU) der "taz". "Wir haben das 10-Prozent-Ziel auf dem letzten Bildungsgipfel nicht vereinbart, um unsere Ausgaben dann nach oben zu rechnen."

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

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