Politik

Aung San Suu Kyi ein Jahr im Amt Birmas Ikone fällt vom Podest

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(Foto: dpa)

Sie war die geächtete und verfolgte Ikone der Demokratisierungsbewegung und ist nun auf dem Weg in das höchste Staatsamt Birmas – die Geschichte von Aung San Suu Kyi klingt wie ein Märchen. Doch ein Jahr nach ihrer Wahl zur Abgeordneten mehrt sich die Kritik. Weil sie Kompromisse eingeht, wird die Nobelpreisträgerin sogar ausgebuht.

Das ist die Freiheitskämpferin Aung San Suu Kyi nicht gewohnt: Bei öffentlichen Auftritten schlägt ihr wütender Protest und Kritik entgegen. Dabei ist die Oppositionspolitikerin in Birma bis vor kurzem noch wie eine Heilige verehrt worden. Über Jahre hatte sie der Militärregierung die Stirn geboten und dafür 15 Jahre Hausarrest in Kauf genommen. Als das Regime nachgab und sie frei ließ, schlug ihr eine Welle der Sympathie entgegen, Millionen Menschen verbanden mit ihr die Hoffnung auf ein besseres Leben. Eine Öffnung der Regierung machte möglich, dass Suu Kyi Parlamentsabgeordnete wurde. Nach Jahrzehnten der Militärdiktatur waren alle Gruppen der Gesellschaft davon überzeugt, dass die Friedensnobelpreisträgerin nun an ihrer Seite stehen würde.

Der Besuch einer Militärparade im März brachte Suu Kyi Kritik ein.

Der Besuch einer Militärparade im März brachte Suu Kyi Kritik ein.

(Foto: AP)

Das konnte kaum gut gehen. "Suu Kyi ist von dem Podest gefallen, das die Leute ihr gebaut haben", schreibt der Kommentator Myat Thu Pan im Online-Magazin "Mizzima". Zuletzt demonstrierten Dorfbewohner gegen sie und buhten sie aus. Die Politikerin traute sich nicht, aus ihrem Wagen auszusteigen. Eine chinesische Kupfermine bedroht Umwelt und Felder des Dorfes. Anstatt sich der Sorgen der Anwohner anzunehmen hatte Suu Kyi dazu aufgerufen, den Protest aufzugeben. Die Nation brauche die Einkünfte.

"Ich mag das Militär sehr"

Menschenrechtler warteten vergeblich darauf, dass Suu Kyi die Diskriminierung der muslimischen Minderheit der Rohingya verurteilen möge, vor allem nach den Unruhen mit 180 Toten im vergangenen Jahr. Die Minderheit der Kachin setzte auch auf Suu Kyi und hatte Protest gegen die Militäroperation erwartet, die vergangenes Jahr 100.000 Menschen in die Flucht schlug. Doch Suu Kyi blieb vage. "Sie hat aufgehört, eine Führungsfigur für das Volk zu sein, als sie ins Parlament zog und Parteiführerin wurde", sagt ernüchtert Laphai Naw Din, der ein Medienportal der Kachin-Rebellen führt.

"Ich mag das Militär sehr", sagte sie sogar – bezogen auf die Rolle des Militärs im Unabhängigkeitskampf unter Führung ihres Vaters General Aung. Mitglieder ihrer Partei Nationalliga für Demokratie (NLD), die das Militär teils jahrelang einkerkerte, reagierten konsterniert.

Und auch sonst grummelt es in der Partei. Frischer Wind müsse her, verlangten Mitglieder Mitte März vor dem ersten Parteitag in der 25-jährigen Geschichte der Partei. Doch dann wurden nur alte Gesichter gewählt. Die anderen hätten nicht genug Erfahrung, sagte Suu Kyi. Direkte Kritik brachte niemand offen vor. "Niemand traut sich, vor Suu Kyi aufzumucken", sagte der Parteiveteran Win Tin der "New York Times" vor dem Parteitag, fügte aber hinzu: "Nicht aus Angst, sondern aus Bewunderung."

Wahl 2015 entscheidend

Suu Kyi selbst trägt alle Kritik mit Fassung. "Das ist doch normal und natürlich, jetzt, da die Leute frei sind und reden und streiten können", sagte sie dem langjährigen Birma-Experten Larry Jagan. "Wir sind eine loyale Opposition: loyal dem Land, der Nation und dem Volk. Wir arbeiten mit anderen Parteien zusammen."

Sie hat den Blick auf die Wahlen 2015 gerichtet. Die NLD boykottierte den Wahlgang 2010 und kam erst bei der Nachwahl 2012 ins Parlament. Damals gewann sie in 42 der 43 Wahlkreise, in denen sie antrat, hat damit aber in der Hauptparlamentskammer nicht einmal zehn Prozent der Sitze. Nun will Suu Kyi Präsidentin werden. Dafür muss die Verfassung geändert werden, weil Suu Kyi mit einem Ausländer verheiratet war. Suu Kyis freundliche Kooperation mit der Regierung trägt Früchte: Präsident Thein Sein hat einen Verfassungsausschuss vorgeschlagen, der den entsprechenden Paragraphen ändern könnte.

Quelle: ntv.de, che/dpa

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