Italiens Parteien lehnen Expertenrat ab Blockade verbittert Napolitano
02.04.2013, 19:29 Uhr
Sein Rücktritt würde den Weg für Neuwahlen freimachen: Giorgio Napolitano.
(Foto: ASSOCIATED PRESS)
Es ist der letzte Versuch: Eine Expertenkommission soll Italien aus der Krise führen. Aber das Projekt von Staatspräsident Napolitano steht schon vor dem Scheitern, obwohl es gerade erst begonnen hat. Napolitano kann seinen Ärger darüber kaum verbergen.
Der Chef des italienischen Mitte-Links-Lagers, Pier Luigi Bersani, hat seine Versuche zur Regierungsbildung endgültig für beendet erklärt. "Meine Aufgabe ist vorbei", sagte Bersani. Er, dessen Partei als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen war, war vor Ostern mit der Regierungsbildung gescheitert. Die Parlamentswahl Ende Februar hatte ein politisches Patt zwischen dem Mitte-Links- und dem Mitte-Rechts-Lager erbracht.
Zuvor hatte Präsident Giorgio Napolitano zwei Experten-Kommissionen benannt, die binnen zehn Tagen ein Reformprogramm für das Land erarbeiten sollen. Die Parteien haben aber bereits angekündigt, dass sie auch die Arbeit der Experten ablehnen. In Italien steht damit auch der vorerst letzte Versuch vor dem Scheitern, den politischen Stillstand zu überwinden.
Napolitano äußerte sich daraufhin ungewöhnlich offen verbittert: "Nach sieben Jahren endet mein Mandat in einer surrealen Art und Weise, in der ich Ziel absurder Reaktionen, des Misstrauens und unverständlicher Paranoia bin, die manchmal harmlos, manchmal verrückt ist", wurde Napolitano im "Corriere della Serra" zitiert. Die Kompromisslosigkeit der Parteien lasse einen "an der Regierungsfähigkeit dieses Landes verzweifeln", sagte der 87-jährige Präsident.
Berlusconi und Grillo gegen Kommission
Die beiden von Napolitano über die Osterfeiertage berufenen Experten-Kommissionen hatten am Morgen mit der Arbeit an einem umfassenden Reformprogramm für das Land begonnen. Napolitano hatte insgesamt zehn Experten benannt, die in zwei Gruppen innerhalb von zehn Tagen Vorschläge sowohl für soziale und wirtschaftliche Reformen als auch für ein neues Wahlrecht vorlegen sollen. In die Kommissionen hat Napolitano sowohl Experten wie die Chefs der nationalen Wettbewerbsbehörde und des Statistikamtes, aber auch Politiker aus den größeren politischen Lagern berufen.
Sowohl das Mitte-Rechts-Bündnis des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi als auch der Chef der "Fünf-Sterne-Bewegung", Beppe Grillo, kritisierten die Einsetzung der Kommissionen scharf und gaben ihnen keine Chancen. Das Berlusconi-Lager bestand abermals auf der Bildung einer Koalition aus ihrem Lager und dem Mitte-Links-Block Bersanis. Dieser erteilte dem abermals eine Abfuhr und verwies auf zu große inhaltliche Differenzen.
Napolitanos Amtszeit endet Mitte Mai. Die Berufung der Experten, die innerhalb von acht bis zehn Tagen Ergebnisse präsentieren sollen, gilt als möglicherweise letzter Versuch des Präsidenten, Neuwahlen zu verhindern, die nach Umfragen eine Wiederholung des Patts bei den Parlamentswahlen Ende Februar bringen könnten. Napolitano kritisierte, dass keine Partei die für eine Koalitionsbildung nötigen Kompromisse eingehen wolle. Er selbst verweigert einen Rücktritt, der den Weg für Neuwahlen freimachen würde.
Quelle: ntv.de, rts