Merkel in Moskau Blumen zum Frauentag
08.03.2008, 17:45 UhrRusslands scheidender Präsident Wladimir Putin hat der Annahme widersprochen, das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen werde mit Amtsantritt seines Nachfolgers Dmitri Medwedew einfacher.
"Dieser Mensch ist ein echter Patriot, der die Interessen seines Landes sehr aktiv wahrnehmen wird auf der internationalen Bühne", sagte Putin über Medwedew bei einem Kurzbesuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Moskau. Putins Amtszeit läuft am 7. Mai ab. Der Westen erwartet von dem bisherigen Vizeregierungschef liberalere Ansichten als unter Putin.
Künftig werde Medwedew die Außenpolitik Russlands bestimmen, betonte Putin. Dem neuen Präsidenten stünden in Deutschland "alle Türen offen", sagte Merkel. "Ich denke, dass es eine gute Zusammenarbeit auch mit dem neuen Präsidenten geben wird."
Die Kanzlerin, die von Putin und Medwedew je einen großen Blumenstrauß zum Internationalen Frauentag erhielt, bezeichnete die Begegnung als "sehr offen, sehr zufriedenstellend". Allerdings würden nicht alle kritischen Punkte sofort verschwinden, sagte sie.
Kosovo bleibt Streitpunkt
Differenzen zwischen Merkel und Putin wurden vor allem in der Kosovo-Frage deutlich. Putin kritisierte, dass die internationale Anerkennung der Provinz ohne Zustimmung Serbiens "separatistische Tendenzen" überall auf der Welt fördern könne. Außerdem übte er Kritik an der Osterweiterung der NATO. Es entstehe der Eindruck, dass eine neue Organisation nach dem Vorbild der Vereinten Nationen geschaffen werden solle.
Der Kremlchef machte aber auch deutlich, dass Russland den Willen des georgischen und ukrainischen Volkes in Bezug auf einen NATO-Beitritt akzeptieren werde. Die Entscheidung dürfe aber "nicht nur von der Führung getroffen werden", sagte Putin.
Georgien in der NATO wäre "Provokation"
Unterdessen warnte der russische NATO-Botschafter Dmitri Rogosin im "Spiegel" vor einer Aufnahme der früheren Sowjetrepubliken in die NATO. Der Versuch der Amerikaner, Georgien ins westliche Bündnis zu drängen, sei eine Provokation, die zu Blutvergießen führen könne.
Die Mitgliedschaft in der Allianz wäre Georgiens Ende als souveräner Staat, denn Tiflis würde in diesem Fall seine Provinzen Abchasien und Südossetien endgültig verlieren, meinte Rogosin. Beide Landesteile streben nach Unabhängigkeit gemäß Kosovo-Vorbild. Die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in einen Aktionsplan für die Mitgliedschaft soll auch auf NATO-Gipfel in Bukarest Anfang April Thema sein. Allerdings erwartet Rogosin nach dem jüngsten Treffen der Außenminister der NATO-Staaten noch keinen Beschluss.
Merkel unterstützt Ostseepipeline
Im Hinblick auf das auf Eis liegende EU-Russland-Partnerschaftsabkommen verlangte Putin eine Berücksichtigung der Interessen der russischen Agrarwirtschaft. Ferner bestand er darauf, dass die umstrittene Ostseepipeline Nordstream gebaut werde. Merkel sagte Unterstützung zu. Sie betonte aber auch, dass die Interessen Schwedens, Polens und der baltischen Staaten einbezogen werden müssten. Überraschend schloss Putin nicht aus, dass sein Nachfolger Medwedew den ehemaligen russischen Ölmagnaten Michail Chodorkowski begnadigen könnte. Merkel begrüßte dies.
Die Begegnung Merkels mit Putin und Medwedew verlief nach Meinung von Beobachtern freundschaftlich. "Wir haben einen Weg gefunden, auch kritische Fragen offen und ehrlich zu erörtern", sagte Merkel. Die bisherigen Gespräche seien oft Freude, aber auch Herausforderung gewesen. Beide Länder seien aufeinander angewiesen, betonte die Kanzlerin.
Quelle: ntv.de