Politik

Wut über Karikaturen Blutbad in Beirut verhindert

Nach den gewaltsamen Ausschreitungen bei den Protesten gegen die Mohammed-Karikaturen in Beirut hat der libanesische Innenminister Hassan Sabeh am Sonntagabend seinen Rücktritt erklärt. Zuvor war ihm mangelnde Härte gegenüber den Demonstranten vorgeworfen worden, die am Sonntag das dänische Konsulat in Beirut gestürmt und in Brand gesetzt hatten.

Er habe sich geweigert, auf die Demonstranten schießen zu lassen, sagte Sabeh bei einer Dringlichkeitssitzung des Kabinetts. "Ich wollte nicht für ein Blutbad verantwortlich sein." Nachdem Kritik an dieser Entscheidung laut geworden sei, habe er beim Premierminister seinen Rücktritt eingereicht, so Sabeh weiter.

Libanesische Sicherheitskräfte hatten am Sonntagvormittag mit Tränengas und Wasserwerfern vergeblich versucht, die mehr als 10.000 Demonstranten auf ihrem Marsch zum dänischen Konsulat in Beirut zu stoppen. Bei dem Protest waren auch Steine gegen eine nahe gelegene Kirche sowie Häuser eines christlichen Wohnviertels geflogen.

Bundesregierung in Sorge

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat an die Regierungen islamischer Staaten appelliert, im Karikaturenstreit mäßigend einzuwirken. Die Situation werde von der Bundesregierung mit allergrößter Sorge verfolgt, sagte Steinmeier am Sonntag auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Noch gebe es keinen Kampf der Kulturen, jedoch seien der Islam und der Westen weiter vom Dialog entfernt als dies angestrebt und wünschenswert sei. Der SPD-Politiker verteidigte Meinungs- und Pressefreiheit als elementare und unverrückbare Bestandteile der Demokratie. Zugleich kritisierte er die Herabsetzung anderer Kulturen und Religionen. Dies rechtfertige aber nicht den Aufruf zur Gewalt.

Zur weltweiten Vergebung aufgerufen

Der afghanische Präsident Hamid Karsai rief die Muslime weltweit zur Vergebung auf. Die Muslime sollte über der Auseinandersetzung stehen und sich nicht auf die gleiche Stufe mit jenen stellen, die die Karikaturen veröffentlicht hätten, sagte Karsai am Sonntag auf CNN. Der Prophet Mohammed sei viel zu erhaben, um durch diese Karikaturen beleidigt zu werden. Auch die größte Muslimorganisation in den USA, der Council on American-Islamic Relations (CAIR), verurteilte die gewaltsamen Proteste.

Der Chef der größten libanesischen Parlamentsfraktion, Saad Hariri, rief am Sonntag alle Seiten zu "Ruhe und Verantwortung" auf. Der Sohn des ermordeten Ministerpräsidenten Rafik Hariri kritisierte die "in Damaskus initiierten und nach Beirut exportierten Gewaltakte" gegen westliche Botschaften.

Muslime stimmen Gesprächen zu

Die Organisation der islamischen Konferenz (OIC), ein Zusammenschluss von 57 islamischen Ländern, stimmte unterdessen einem Treffen mit dem dänischen Außenminister Per Stig Mller zu. Ziel solle es sein, die gewalttätigen Proteste einzudämmen.

Das dänische Außenministerium rief alle Dänen in Libanon auf, ihre Wohnungen nicht zu verlassen, bis eine umgehende Ausreisemöglichkeit gefunden sei. Gleichzeitig wurden dänische und norwegische Bürger in Syrien außer Landes gebracht. Außenminister Mller sagte in Kopenhagen: "Ich bin entsetzt über die Welle von Gewalt im Nahen Osten. Dies ist jetzt eine Frage von globaler Bedeutung." Kräfte außerhalb des politischen Systems würden nun die Tagesordnung bestimmen.

Übergriffe werden verurteilt

Die EU und die NATO verurteilten die Übergriffe scharf. "Solche Akte sind durch nichts zu rechtfertigen und völlig unannehmbar", erklärte der österreichische EU-Ratsvorsitz. Ähnlich äußerte sich Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer.

UN-Generalsekretär Kofi Annan versuchte unterdessen, die Wogen zu glätten. Zwar respektiere er die Pressefreiheit, doch er teile auch den Unmut der Muslime, sagte Annan. Die Krise müsse sofort überwunden, die ohnehin schwierige Lage dürfe nicht weiter angeheizt werden. Er rief die Muslime auf, die Entschuldigung der dänischen Zeitung "Jyllands-Posten" zu akzeptieren, in der die Zeichnungen vor mehr als vier Monaten zuerst erschienen waren.

Diplomatische Verstrickungen

Iran zog am Sonntag seinen Botschafter aus Kopenhagen ab. Auch Saudi-Arabien, Kuwait, Syrien und Libyen haben ihre Botschafter wegen der Zeichnungen bis auf weiteres abberufen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad ordnete außerdem eine "Überprüfung der Handelsbeziehungen" mit allen Ländern an, in denen die Zeichnungen erschienen seien. Zunächst solle mit Dänemark begonnen werden.

Quelle: ntv.de

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