Politik

Alle NSU-Mitglieder waren gleichberechtigt Böhnhardts Mutter dankt Zschäpe

Brigitte Böhnhardt kommt ins Gericht.

Brigitte Böhnhardt kommt ins Gericht.

(Foto: dpa)

Nach dem Tod ihrer Komplizen informierte Beate Zschäpe die Eltern von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos. Dafür ist ihr Brigitte Böhnhardt noch immer dankbar. Dennoch ist die Mutter ihres Freundes für Zschäpe alles andere als eine bequeme Zeugin.

Die Mutter des mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt, Brigitte Böhnhardt, hat im NSU-Prozess die Hauptangeklagte Beate Zschäpe schwer belastet. "Sie waren gleichberechtigt," sagte Böhnhardt als Zeugin vor dem Oberlandesgericht München zum Verhältnis der drei NSU-Mitglieder zueinander. Diese Aussage stützt die Anklage der Bundesanwaltschaft.

Der aus Zschäpe, Böhnhardt und Uwe Mundlos bestehende Nationalsozialistische Untergrund (NSU) soll aus ausländerfeindlichen Motiven zehn Menschen getötet und zwei Bombenanschläge verübt haben. Von dem Terrortrio lebt nur noch Zschäpe, die beiden Männer nahmen sich vor zwei Jahren mutmaßlich das Leben.

Zschäpe berät sich mit ihren Anwälten.

Zschäpe berät sich mit ihren Anwälten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Bundesanwaltschaft hat Zschäpe als Mittäterin der Taten angeklagt, obwohl sie keine der Haupttaten selbst verübt haben soll. Die Anklage als Mittäterin stützt sich auch auf die Annahme, Zschäpe sei vollwertiges Mitglied des NSU und damit mitverantwortlich gewesen.

Gehörte zur Familie

Brigitte Böhnhardt sagte den zweiten Tag in Folge aus. Als ihr Sohn 1995 oder 1996 Beate Zschäpe als Freundin mit nach Hause brachte, habe sie sich gefreut, sagte sie. "Ich fand sie auf Anhieb sympathisch, sie war höflich und nett." Äußerlich habe nichts an ihr auf eine rechte Gesinnung hingedeutet. Auch bei Familienfeiern sei sie dabei gewesen: "Sie gehörte einfach zur Familie."

Dabei hatte sich Zschäpe der Anklage zufolge seit 1995 aktiv in der rechten Szene beteiligt. Die Wahrnehmung der Mutter war eine andere: "Sie war immer freundlich, so dass sie für mich nach wie vor dieses Mädchen bleibt: Uwes erste feste Freundin." Die Mutter hoffte, die Freundin könnte ihren Sohn auf den richtigen Weg bringen - nach Schwierigkeiten in der Schule und nach ersten Gefängnisaufenthalten.

Später berichtete sie auch von drei Treffen mit dem Terror-Trio während deren Anfangsjahren im Untergrund. Das Verhältnis von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zueinander beschrieb sie mit den Worten: "Sie waren gleichberechtigt, sie waren Freunde." Bei einem der Treffen - das letzte war 2002 - habe ihr Sohn Uwe es abgelehnt, sich zu stellen und ins Gefängnis zu gehen. Er wolle sich lieber erschießen, als in den Knast zu gehen, habe er gesagt. Böhnhardt und Mundlos sollen sich mit ihren Pistolen das Leben genommen haben, nachdem sie nach einem missglückten Überfall fürchten mussten, entdeckt zu werden.

Mitgefühl auf Nachfrage

Ihr Mitgefühl für die Angehörigen der NSU-Opfer äußert Böhnhardts Mutter erst, als sie danach gefragt wird. "Ich habe nicht nur Mitleid, ich habe Mitgefühl, und Mitgefühl bedeutet, ich fühle mit ihnen." Sie könne verstehen, was es bedeute, über Jahre in Ungewissheit zu leben. "Ich bin dankbar, dass Sie sich nicht an uns gerächt haben. Ich rechne Ihnen das hoch an." Sie würde etwas darum geben, das alles ungeschehen zu machen. "Die Opferfamilien tun uns unendlich leid", sagte sie.

Böhnhardt schilderte auch, wie sie durch Zschäpe vom Tod ihres Sohnes erfuhr. Zschäpe habe am 5. November 2011 morgens um sieben Uhr bei ihr angerufen und sich als "Uwes Beate" bei ihr gemeldet, sagte Brigitte Böhnhardt. Zunächst habe sie gedacht, die drei Untergetauchten wollten sich stellen. Dann aber habe Zschäpe gesagt: "Der Uwe kommt nicht mehr." Zschäpes Stimme habe "ganz dünn und zittrig" geklungen. "Es ist ihr sicherlich ganz schwer gefallen, die Eltern zu informieren", sagte Böhnhardt.

"Ich bin ihr eigentlich heute noch dankbar dafür, dass wir noch vor der Polizei wussten, was passiert war." Zschäpe schaute die Mutter ihres ehemaligen Freundes aufmerksam an, zeigte aber keine eindeutige Reaktion. Zum Schluss des Telefonats habe Zschäpe damals gesagt, sie habe noch ein weiteres solches furchtbares Telefonat vor sich, sie müsse die Eltern von Uwe Mundlos über dessen Tod informieren. Böhnhardt wandte sich direkt an Zschäpe und sagte: "Danke, dass du es trotzdem gemacht hast."

Quelle: ntv.de, sba/dpa/rts

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