US-Rückzug überschattet Bombenanschlag in Kirkuk
30.06.2009, 18:37 UhrBei einem Anschlag in Kirkuk sind mindestens 26 Menschen getötet und 56 weitere verletzt worden. Das teilte die irakische Polizei mit. Wie aus dem Innenministerium in Bagdad verlautete, explodierte ein mit Sprengstoff präpariertes Auto auf einem Markt in der nordirakischen Stadt. Die Explosion erschütterte um 18.00 Uhr Ortszeit das zentrale Stadtviertel Schurga und richtete großen Schaden an, wie ein AFP-Reporter berichtete. Der Anschlag überschattet den Abzug der US-Streitkräfte aus irakischen Städten und die Übergabe der Verantwortung an irakische Sicherheitskräfte.

In den vergangenen Wochen hat eine ganze Serie von Anschlägen mit vielen Toten das Land erschüttert.
(Foto: dpa)
Gut sechs Jahre nach ihrem Einmarsch im Irak zogen sich die US-Streitkräfte vollständig aus den Städten und Dörfern des Landes zurück. Künftig sollen rund 500.000 irakische Polizisten und 250.000 irakische Soldaten weitgehend die Verantwortung für die Sicherheit im Lande tragen. Der irakische Präsident Dschalal Talabani dankte den USA für ihren Beitrag im Kampf gegen den Terror.

Er hat es hinter sich: Der 51-Jährige Kelly Gaskey aus Cleveland verlässt den Außenposten in Bagdad.
(Foto: AP)
Viele der insgesamt 157 Stellungen, welche die US-Streitkräfte nun vollständig geräumt haben, waren bereits vor dem Stichtag übergeben worden. Einige US-Soldaten sollen jedoch vorerst noch in den Städten bleiben, um ihre irakischen Kollegen auszubilden. Die restlichen der noch rund 131.000 US-Soldaten im Irak sind nun auf einigen wenigen Hauptstützpunkten stationiert. Bis Ende 2011 sollen alle US-Soldaten das Land verlassen. Vier in Bagdad stationierte US-Soldaten erlagen am Montag an ihren Verletzungen aus einem Gefecht, wie die US-Armee mitteilte. Seit dem US-Einmarsch im Irak im März 2003 wurden mehr als 4300 US-Soldaten getötet.
Obama: Die Gewalt wird anhalten
US-Präsident Barack Obama rechnet mit einer schwierigen Übergangsphase. "Es wird jene geben, die durch religiös motivierte Bombenanschläge und die Tötung Unschuldiger die Streitkräfte und das Volk des Irak auf die Probe stellen wollen", sagte Obama in Washington. "Wir wissen, dass die Gewalt im Irak anhalten wird." Obama bezog sich dabei auch auf den tödlichen Bombenanschlag in Kirkuk, den er als "sinnloses Attentat" verurteilte.
Den Abzug der US-Truppen würdigte der Präsident aber als "bedeutsamen Schritt". Der Irak sei auf dem Weg, "die Kontrolle über sein eigenes Schicksal zu übernehmen". Er sei vom Scheitern all jener überzeugt, die diese Entwicklung verhindern wollten.
Dank an US-Soldaten
Talabani würdigte die von den USA erbrachten "Opfer" beim Sturz des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein im Jahr 2003 und in den Jahren danach. "Sie haben die Last und die Gefahren getragen im Kampf gegen das grausamste Regime und gegen den gemeinsamen Feind - den Terror", sagte er im staatlichen Fernsehen. Ministerpräsident Nuri el Maliki kritisierte "die Skeptiker, die nicht geglaubt haben, dass die Iraker selbst für ihre Sicherheit sorgen können". Künftig sollen rund 500.000 irakische Polizisten und 250.000 irakische Soldaten weitgehend die Verantwortung für die Sicherheit im Lande tragen.
Lage bleibt gefährlich
US-Verteidigungsminister Robert Gates warnte vor weiteren Anschlägen in den kommenden Monaten. Es gebe Gruppen, die den Abzug der US-Truppen aus den irakischen Städten ausnutzen wollten, sagte Gates an Bord eines Militärflugzeugs auf dem Rückflug von Deutschland in die USA. Die Situation bleibe gefährlich, fügte der Minister hinzu, der das US-Militärkrankenhaus im rheinland-pfälzischen Landstuhl besucht hatte.
US-Parlamentspräsidentin Nancy Pelosi bezeichnete die Übergabe der Verantwortung an die irakischen Sicherheitskräfte als wichtigen Schritt hin zu einem endgültigen Abzug der US-Truppen und dem "Ende des Krieges" im Irak. Die irakischen Behörden hätten ihr bei einem Besuch im Mai versichert, dass die einheimischen Sicherheitskräfte in der Lage seien, die Kontrolle in den Städten zu übernehmen, fügte die Vertreterin der US-Demokraten hinzu.
Lizenz zur Ölförderung vergeben
Knapp vier Jahrzehnte nach der Verstaatlichung des Energiesektors erhielten erstmals wieder ausländische Konzerne die Lizenz zur Ölförderung im Irak. Als erste Bewerber setzten sich nach Angaben des irakischen Ölministeriums der britische Erdölriese BP und der chinesische Konkurrent CNPC International durch. Über den Einstieg ausländischer Konzerne will der Irak dringend gebrauchtes Geld für den Wiederaufbau erwirtschaften.
Quelle: ntv.de, AFP