Politik

Ethisch und rechtlich schwierig Bremen will Obduktionspflicht

Als erstes Bundesland will Bremen eine Obduktionspflicht für alle unter unklaren Umständen ums Leben gekommene Kinder einführen. Der Kinderschutzbund kritisiert, die Regelung stelle Eltern unter "Generalverdacht".

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(Foto: picture-alliance / dpa)

Bremen will alle Jungen und Mädchen untersuchen lassen, deren Todesursache unklar ist. Als erstes Bundesland beschloss der Stadtstaat die umstrittene Obduktionspflicht für Kinder unter sechs Jahren. Der Gesetzesentwurf muss von der Bürgerschaft beschlossen werden.

"Wir wissen, dass Misshandlungen und gewaltsame Einwirkungen gerade bei kleinen Kindern äußerlich oft nicht sichtbar sind", sagte Sozialsenatorin Ingelore Rosenkötter (SPD). Die Obduktionspflicht solle dazu beitragen, Misshandlungen zu entdecken und damit Geschwisterkinder zu schützen. Eltern, die mit einer Obduktion nicht einverstanden sind, sollen innerhalb von 24 Stunden formlos Widerspruch einlegen können. Dann wird das Amtsgericht eingeschaltet.

Ethische Bedenken innerhalb der rot-grünen Bremer Landesregierung hatten das Vorhaben wochenlang verzögert. Auch Kinderschutzbund, katholische Kirche und FDP kritisierten die geplante Gesetzesänderung heftig. Eltern würden dadurch unter "Generalverdacht" gestellt. Außerdem könnten trauernde Eltern weiter traumatisiert werden, warnte die FDP nach dem Senatsbeschluss.

Nach Angaben der Grünen wird sich die Bürgerschaft frühestens im Mai mit der Obduktionspflicht befassen. Nach Einschätzung eines Fraktionssprechers könnte zwischen erster und zweiter Lesung viel Zeit vergehen. Denn es sei damit zu rechnen, dass über das Vorhaben noch in Ausschüssen des Landesparlamentes diskutiert werden muss. "Es ist ein schwieriges Thema aus ethischen und rechtlichen Gründen", sagte der Sprecher.

Den Anstoß für die Obduktionspflicht hatte der dramatische Tod des kleinen Kevin gegeben. Polizisten hatten den Zweijährigen 2006 tot in einem Kühlschrank gefunden. Der drogensüchtige Ziehvater hatte das Kleinkind nach dem Tod der Mutter so schwer misshandelt, dass es starb. Trotz vieler Hinweise auf Misshandlungen waren die Behörden nicht eingeschritten. Seitdem ist der Kinderschutz in Bremen ein zentrales Anliegen. Untersuchungen zufolge bleiben viele Kindstötungen in Deutschland unentdeckt.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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