Der Welt vorgestellt Bridget McCain macht Politik
23.09.2008, 08:09 UhrAls Bridget McCain ins Bild kommt, will Schwester Shuporna es beinahe nicht glauben. Vor 17 Jahren hatte die Nonne dieses Mädchen als Baby auf dem Schoss. Damals hatte das Kind noch eine tiefe Hasenscharte. Jetzt steht da ein strahlender Teenager mit langem dunklem Haar. "Es ist ganz erstaunlich", sagt Schwester Shuporna. "Man kann die Scharte gar nicht mehr sehen." Das Mädchen habe großes Glück gehabt. "Wenn sie sie damals nicht mitgenommen hätten, würde sie heute noch im Waisenhaus leben."
Bridget McCain ist die Adoptivtochter des republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten John McCain. 1991 reiste dessen Frau Cindy zu Wohltätigkeitszwecken nach Bangladesch. Im Mutter-Teresa-Waisenhaus in der Hauptstadt Dhaka entdeckte sie die kleine Bridget, die dort wenige Wochen zuvor als uneheliches Kind abgegeben worden war. In Bangladesch gilt das als Schande. Rund 200.000 Kinder leben in den Waisenhäusern des von Naturkatastrophen gebeutelten Landes am Golf von Bengalen - Waisenkinder ebenso wie ungewollte Babys. Kinder mit Behinderungen und Fehlbildungen werden in Bangladesch in der Regel verstoßen.
"Niemand hätte das Kind gewollt"
Ein ähnliches Schicksal hätte auch Bridget gedroht, ist sich Schwester Shuporna sicher: "Mit ihrer Hasenscharte wäre es sehr hart geworden, ein Elternhaus für sie zu finden", sagt die 54-Jährige, die mittlerweile in einem Kloster im Nordosten des Landes arbeitet. Für die Mutter habe schon vor der Geburt festgestanden, dass sie das Kind weggeben muss. "Doch niemand hätte das Kind gewollt. Sie wäre im Waisenhaus aufgewachsen, die Nonnen hätten ihr einige Fertigkeiten wie Nähen beigebracht, damit sie später Arbeit finden kann."
Doch Cindy McCain nahm das Baby mit der Hasenscharte und noch ein zweites Kind mit in die USA. Das andere Mädchen, Nikki, wurde von McCains Mitarbeiter Wes Gullett adoptiert, Bridget von den McCains. Vier Jahre lang zogen sich die Operationen hin; heute ist die Hasenscharte weg. Der Arzt Bill McCabe, der Cindy McCain auf der Wohltätigkeitsreise begleitete, erzählt, die Politikerfrau habe damals gesagt: "Wenn ich sie hier lasse, wird sie sterben."
Geballte Familienpower
Dass Schwester Shuporna ihren einstigen Schützling jetzt im Fernsehen sehen konnte, liegt daran, dass der Teenager seinen Vater kürzlich auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner unterstützte. Demonstrativ stand die Familie zusammen - Bridget neben ihrer Adoptivmutter Cindy.
Das Zurschaustellen geballter Familienpower ist in US-Wahlkämpfen üblich. Ehefrau und Kinder werden in den harten Kampf um Wählerstimmen stets mit eingebunden - und zuweilen macht sich das auch die Konkurrenz zunutze. Vor acht Jahren waren die McCains Opfer einer üblen Schmutzkampagne: McCain war im Jahr 2000 gegen den heutigen Präsidenten George W. Bush um die republikanische Präsidentschaftskandidatur angetreten. Anhänger von Bush streuten damals das Gerücht, Bridget sei eine uneheliche Tochter McCains. Der Vietnam-Veteran McCain habe ein "uneheliches braunes Baby". McCain verlor die Vorwahlen.
Jetzt wurde die Adoptivtochter nicht nur ganz offiziell auf dem Parteitag der Öffentlichkeit vorgestellt. In einer Wahlkampf-Broschüre, in der McCain sich gegen Abtreibungen ausspricht, ist ein Babyfoto von ihr abgedruckt. Schwester Shuporna ist dieser ganze Trubel gleichgültig. Sie ist nur froh, dass eines der Kinder herausgekommen ist aus der Armut von Bangladesch. "Ich bin sehr glücklich, dass Bridget in einer guten Familie aufwächst", sagt sie. "Und ich freue mich, dass sie der Welt vorgestellt wurde."
Quelle: ntv.de, Julie Clothier, AFP