Zwischenfall im Atomreaktor Brüssel gibt Entwarnung
04.06.2008, 19:57 UhrNach einem Zwischenfall im Kühlsystem des slowenischen Atomkraftwerks Krsko hat die EU-Kommission am Abend offiziell Entwarnung gegeben. Im Hauptkühlsystem des Atomkraftwerks im Südwesten des Landes sei Kühlflüssigkeit ausgetreten, erklärte die EU-Kommission in Brüssel. Das slowenische Atomkraftkraftwerk Krsko sei heruntergefahren worden und müsse jetzt auskühlen, sagte der Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs.
Piebalgs habe die Mitteilung, dass im dem Kernkraftwerk Kühlwasser verlorenging, aus Gründen der Transparenz herausgegeben. "Es ist nicht sehr schlimm", teilte der Sprecher mit. Die Kommission hatte zuvor über ein spezielles Warnsystem alle 27 Mitgliedstaaten der EU über den Vorfall informiert.
Offenbar keine Gefahr
Das slowenische Amt für nukleare Sicherheit in der Hauptstadt Ljubljana teilte mit, aus dem sogenannten "primären System" des Reaktors sei Wasser ausgetreten. Nach den Überprüfungen von deutschen und österreichischen Experten gab es ein Ventilproblem im Primär-Kühlkreislauf das AKW. Der Reaktor sei vollständig heruntergefahren worden, um die Ursache für das Problem untersuchen zu können, teilte das slowenische Umweltministerium mit. "Es gibt keine Auswirkungen auf die Umwelt und wir erwarten auch keine", erklärte der Leiter der Atomaufsichtbehörde Sloweniens, Andrej Stritar. Mittlerweile sei das Leck geortet worden. Das Kraftwerk müsse nun zunächst abkühlen, bevor die Reparaturen beginnen könnten. "Die Sache ist unter Kontrolle", sagte Stritar.
Der Unfall ereignete sich nach EU-Angaben um 17.38 Uhr. Es sei nichts in die Umwelt ausgeströmt, betonte der Sprecher des Energiekommissars. Der Alarm der Kommission wurde erstmals seit Jahren ausgelöst. "Wir wollen ein Beispiel geben", sagte der Sprecher. Das Warnsystem der Kommission sieht Informationsaustausch bei radiologischen oder Atom-Notfällen vor. Schutzmaßnahmen für die Bevölkerungen in den Mitgliedstaaten müssen dort auch gemeldet werden. Das ECURIE-System war nach dem schweren Reaktorunfall im sowjetischen Tschernobyl 1986 eingeführt worden.
Österreich: Keine Strahlung ausgetreten
Das österreichische Umweltministerium erklärte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur APA, radioaktive Strahlung sei in Krsko nicht ausgetreten. Auch nach Informationen des Bundesumweltministeriums besteht derzeit keine Gefahr für die Bevölkerung. Die Bundesregierung bat ihre Leitstellen, den Vorfall zu prüfen. Greenpeace stufte eine europaweite Warnung auf Anfrage als "sehr ungewöhnlich" ein.
"Risiko-Meiler" im Erdbebengebiet
Nach Einschätzung von Experten ist der Reaktor von Krsko ein Risiko-Meiler. Die österreichischen Grünen zählen ihn zu einem der unsichersten, weil er in einem erdbebengefährdeten Gebiet unweit der kroatischen Grenze steht. Das Atomkraftwerk wurde im vergangenen November wieder in Betrieb genommen, nachdem es einen Monat für Instandsetzungsarbeiten vom Netz genommen worden war. Während der Arbeiten wurde der Reaktor mit weiterer Dämmung versehen und 53 der 121 Brennstoffelemente ausgetauscht. Zur Erhöhung der Sicherheit wurden zudem die technischen Systeme überarbeitet.
Gemeinsames Kraftwerk von Kroatien und Slowenien
Das Atomkraftwerk, das Slowenien und dem Nachbarland Kroatien gemeinsam gehört, ist mit einem 630 Megawatt-Druckwasserreaktor ausgerüstet. Es wurde von dem japanisch-amerikanischen Unternehmen Westinghouse gebaut, nahm 1981 den Betrieb auf und ging 1983 ans Netz. Es produziert derzeit 20 Prozent des slowenischen und 15 Prozent des kroatischen Strombedarfs. Krsko liegt in der slowenischen Region Unterkrain am Fluss Save. Die Hauptstadt Ljubljana liegt etwa 120 Kilometer entfernt, München rund 380 Kilometer Luftlinie.
Quelle: ntv.de