Politik

Gesundheits-Hick-Hack Bürger verstehen nur Bahnhof

Im Koalitionsstreit über die Gesundheitsreform werden die letzten Unstimmigkeiten zwischen Union und SPD möglicherweise erst bei einem Spitzengespräch Ende Januar ausgeräumt. Bei der Sitzung des Koalitionsausschusses am Mittwoch in Berlin könnten noch nicht alle offenen Punkte abschließend geklärt werden, sagte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in Wildbad Kreuth. Die Gesundheitsexperten beider Fraktionen waren sich auch nach einem Verhandlungsmarathon am Montag und Dienstag in einigen teils zentralen Fragen weiter uneins. Von Innen- und Justizministerium kam inzwischen grünes Licht für die geplanten Neuregelungen für die privaten Krankenversicherungen (PKV).

Unterdessen ergab eine forsa-Umfrage im Auftrag des Beamtenbundes (dbb), dass nur jeder fünfte Bundesbürger begreift, was die Regierung mit der Gesundheitsreform vorhat. 79 Prozent hingegen verstehen davon nach eigener Aussage nichts. 86 Prozent der Befragten sehen nur noch ein "Hick-Hack", aber kein erkennbares Konzept mehr.

Am Mittwoch will zunächst das Bundeskabinett zu den rund 100 Änderungswünschen der Bundesländer an dem Reformwerk Stellung nehmen. Für den Abend ist das Treffen der Koalitionsspitzen geplant, bei dem auch über die Gesundheitsreform gesprochen werden soll. Stoiber sagte dazu, der Koalitionsausschuss werde Ende Januar nochmals zusammenkommen, um die Reform endgültig zu beschließen. Er sei "durchaus zuversichtlich", dass dies dann gelingen werde.

Optimistisch zeigten sich auch die Gesundheitsexperten von Union und SPD. "Der Pfad der Einigung ist erkennbar", sagte Annette Widmann-Mauz (CDU) am Dienstagabend. Ihre SPD-Kollegin Carola Reimann sprach von "konstruktiven und sachlichen Diskussionen".

In der Nacht zum Dienstag und am Dienstag selbst hatten die Experten der Koalition stundenlang mit Ministerin Ulla Schmidt (SPD) zusammengesessen, um über Änderungen an der Reform zu beraten. Ein zentraler Streitpunkt zwischen Union und SPD blieben dabei nach wie vor die Zugangsmodalitäten zum neuen PKV-Basistarif. Die CSU pocht hier auf weiter gehende Einschränkungen als im Gesetzentwurf vorgesehen. Die SPD lehnt dies ab. Auch bei den geplanten Kürzungen bei Krankenhäusern und Rettungsdiensten sei "alles noch offen", sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Elke Ferner.

Nach Ansicht des Innen- und des Justizministeriums verstoßen die neuen Regeln für die privaten Kassen nicht gegen das Grundgesetz. In einem Schreiben, das der dpa in Berlin vorlag, bezeichnen beide Ministerien unter anderem die Regelungen zum geplanten Basistarif als verfassungsgemäß. Auch eine mögliche Quersubventionierung zwischen dem Basistarif und anderen Tarifen sowie die Mitnahmemöglichkeit von Altersrückstellungen erachten die Fachleute als zulässig.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) brachte bereits Nachverhandlungen ins Spiel. Möglicherweise müsse der Bund zwei Jahre nach Beginn des Gesundheitsfonds "neu nachdenken", sagte er. Grund seien die unsicheren finanziellen Folgen des Fonds. Der Beamtenbund (dbb) kündigte Klagen gegen die Reform an, sollte diese in ihrer jetzigen Form umgesetzt werden. Die Sozialverbände erneuerten ihre Forderung nach einem Neuanfang bei der Gesundheitsreform und einen Verzicht auf den Fonds.

Quelle: ntv.de

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