Politik

Konkurrenzkampf um Mandat Bundestagssitze verringert

Von AP-Korrespondentin Claudia Kemmer

Der Bundestag platzt aus allen Nähten. Seit der Wiedervereinigung ist die Volksvertretung auf 656 Abgeordnete angewachsen und umfasst damit mehr Mitglieder als die anderer westlicher Demokratien. Die Arbeit des Parlaments wird dadurch schwerfällig: Um möglichst alle Abgeordneten angemessen zu beteiligen, sind die Ausschüsse vergrößert worden. Gleichzeitig ist die Redezeit der einzelnen Parlamentarier oft eingeschränkt.

Mit der Bundestagswahl 2002 soll die Zahl der Abgeordneten auf 598 verringert werden. Dem sehen einige Fraktionen allerdings mit gemischten Gefühlen entgegen, vermindert sich damit doch auch die Zahl der sicheren Listenplätze. Besonders betroffen von der Reform des Bundeswahlgesetzes sind kleine Parteien wie FDP und Grüne, deren Repräsentanten in ihren Wahlkreisen selten Direktmandate holen, sondern auf gute Listenplätze angewiesen sind. Bei der letzten Bundestagswahl 1998 etwa bekamen weder die Grünen noch die FDP ein Direktmandat: Alle ihre Kandidaten rutschten über die Landeslisten in den Bundestag. Das liegt daran, dass selbst ihre Stammwähler den kleinen Parteien oft lediglich die Zweitstimme geben, die Erststimme jedoch dem aussichtsreicheren Kandidaten einer großen Volkspartei vorbehalten, um sie nicht zu verschenken.

Je schlechter die Wahlprognosen, desto größer ist die Konkurrenz um sichere Listenplätze in den kleineren Parteien. Das erfahren gerade die Grünen am eigenen Leib. Während sie vor vier Jahren 6,7 Prozent der Wählerstimmen erhielten, prophezeien ihnen die Wahlforscher nach 17 verlorenen Landtagswahlen in Folge nun auch einen Abrutsch im Bund. Sogar der Wiedereinzug in den Berliner Reichstag könnte nur knapp gelingen. Das Ringen um die sicheren Listenplätze ist vor allem in Berlin und Baden-Württemberg entbrannt, wo prominente Politiker um ihren Einfluss besorgt sind.

Grüne drängen sich in Berlin und Baden-Württemberg

In Berlin hat sich Verbraucherministerin Renate Künast, die erstmals in den Bundestag einziehen will, den ersten Platz auf der Landesliste gesichert. Auf Platz zwei drängeln der profilierte Parteilinke und Kriegsgegner Hans-Christian Ströbele, die ehemalige Gesundheitsministerin und Realpolitikerin Andrea Fischer sowie der frühere DDR-Bürgerrechtler und Wirtschaftsexperte Werner Schulz. Die Entscheidung wird nicht nur nach Ansehen und Kompetenz der Kandidaten gefällt, sondern auch nach Flügelzugehörigkeit.

Die Entscheidung des traditionell linken Berliner Landesverbandes soll am Wochenende fallen. Während Schulz wohl nur geringe Aussichten auf den begehrten Platz hat, liefern sich Fischer und Ströbele in deutschen Blättern bereits Interviewduelle. Am deutlichsten werden ihre kontroversen Ansichten auf dem Gebiet der Friedenspolitik. Bei den Entscheidungen im Bundestag über den Einsatz der Bundeswehr gegen den internationalen Terrorismus und an der Friedensmission in Afghanistan gehörte Ströbele zu den pazifistischen Mahnern. Fischer hingegen plädierte für Kriegseinsätze als Ultima Ratio, wie sie auch der Rostocker Parteitag später absegnete. Damit repräsentiert sie eine Entwicklung, die die Partei in den vergangenen Jahren durchgemacht hat.

In Baden-Württemberg werden die begehrten Listenplätze ebenfalls knapp. Elf Prominente ringen um eine einstellige Zahl an Mandaten. Um die drei Listenplätze für Männer konkurrieren etwa Parteichef Fritz Kuhn, Fraktionschef Rezzo Schlauch, der Innenpolitiker Cem Özdemir und der Haushaltsexperte Oswald Metzger. Eigentlich dürfte Kuhn sich gar nicht für den Bundestag aufstellen lassen, denn das Parteistatut schreibt eine Trennung von Amt und Mandat vor. Doch diese Restriktion dürfte Ende des Jahres - wenn die Wiederwahl der Vorsitzenden ansteht - fallen.

Quelle: ntv.de

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